Pfändung Rentennachzahlung des Ehemannes

  • Hallo,
    ich bin erst seit Anfang des Jahres in der Vollstreckungsabteilung und habe folgendes Problem:
    Das Konto der Schuldnerin wird seit 2019 gepfändet. Diese ist vor einigen Wochen verstorben. Sie ist alleinige Kontoinhaberin gewesen und führte ihr Konto als P-Konto. Ich habe nun ein Schreiben des Ehemannes auf dem Tisch, der eine Rentennachzahlung i.H.v. 2.600€ freigegeben haben möchte. Warum auch immer seine Rentenzahlungen auf das Konto seiner Frau eingehen sei mal dahin gestellt …
    Er besitzt eine Kontovollmacht. Hat das Erbe nach seiner Ehefrau allerdings ausgeschlagen und die Bank weigert sich, ihm das Geld auszuzahlen. Die Rentenstelle hat den Ehemann an uns (Vollstreckungsgericht) verwiesen.

    Ich komme allerdings zu keiner guten Lösung, wie ich zu verfahren habe. Der Ehemann ist nicht Schuldner oder Inhaber des gepfändeten Kontos.

    Habt ihr Tipps/Lösungsvorschläge?

  • Das heißt: ich weise den Antrag des Ehemannes zurück? Und seine Rente wird gepfändet, obwohl sie eig nicht der Pfändung unterliegt da er kein Schuldner ist?

  • Das heißt: ich weise den Antrag des Ehemannes zurück? Und seine Rente wird gepfändet, obwohl sie eig nicht der Pfändung unterliegt da er kein Schuldner ist?

    Es wird ja nicht seine Rente gepfändet, sondern Kontoguthaben (der Verstorbenen). Man sollte seine Rente nicht auf das Konto von Schuldnern zahlen lassen.

    Wenn überhaupt hier jemand antragsberechtigt sein sollte, dann die Erben der verstorbenen Schuldnerin, zu denen der Ehemann aufgrund seiner Ausschlagung ja wohl nicht gehören dürfte. Der Antrag dürfte von daher bereits unzulässig sein.

    Vereinzelt gab es schon Entscheidungen, die sowas prozeßgerichtlich über § 771 gelöst haben. Dazu müßten aber auch Erben bekannt sein. Aber das Vollstreckungsgericht ist jedenfalls raus.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Hast du schon die Gläubigerseite angehört? Es wäre ja auch eine Freigabe möglich.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Das heißt: ich weise den Antrag des Ehemannes zurück? Und seine Rente wird gepfändet, obwohl sie eig nicht der Pfändung unterliegt da er kein Schuldner ist?

    Es wird ja nicht seine Rente gepfändet, sondern Kontoguthaben (der Verstorbenen). Man sollte seine Rente nicht auf das Konto von Schuldnern zahlen lassen.

    Wenn überhaupt hier jemand antragsberechtigt sein sollte, dann die Erben der verstorbenen Schuldnerin, zu denen der Ehemann aufgrund seiner Ausschlagung ja wohl nicht gehören dürfte. Der Antrag dürfte von daher bereits unzulässig sein.

    Vereinzelt gab es schon Entscheidungen, die sowas prozeßgerichtlich über § 771 gelöst haben. Dazu müßten aber auch Erben bekannt sein. Aber das Vollstreckungsgericht ist jedenfalls raus.

    Den Weg über § 771 ZPO habe ich zwar schon gesehen, halte ihn aber für falsch. Rechtlich handelt es sich bei Kontoguthaben um einen Zahlungsanspruch der Schuldnerin gegen die Bank. Ob der Anspruch durch eine Zahlung die einem Dritten zusteht, zustande kam, ist irrelevant. Der Rentenzahlungsanspruch des Ehemanns gegen die DRV erlischt mit bestimmungsgemäßer Auszahlung an die Ehefrau. Diese erwirbt einen Anspruch gegen die Bank auf Auszahlung des Kontoguthabens. Daher kann es sich bei den 2.600,00 € nicht um Gegenstände handeln, die per Drittwiderspruchsklage vor der Vollstreckung geschützt werden können. Etwas anderes kann allenfalls für reine Treuhandkonten gelten (Bitter, WuB 2015, 601, 604).

    Den Weg über § 765a ZPO kann der Ehemann nicht gehen, da er nicht Schuldner und daher nicht antragsberechtigt ist. Zudem entscheide ich solche "Kontoleihe"-Geschichten, bei denen Gelder eines Dritten auf dem Konto des Schuldners landen, in aller Regel zuungunsten des Schuldners und des Dritten. In Zeiten des Anspruchs auf ein Basisgirokonto (§ 31 ZKG) und des §850l ZPO (Pfändungsschutz für "echte" Gemeinschaftskonten) gibt es keinen Grund mehr, kein eigenes Girokonto zu haben und sein Einkommen über das Konto eines Dritten laufen zu lassen. Vor diesem Hintergrund erscheint es mir schwierig, eine sittenwidrige Härte der Vollstreckung zu bejahen und die Interessenabwägung zugungsten des Dritten ausgehen zu lassen. Zu diesem Thema gibt es auch eine BVerfG Entscheidung (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 29. Mai 2015 – 1 BvR 163/15 –, juris).


    Das Einzige, was man in dieser Konstellation VERSUCHEN könnte, wäre die Erbschaftsausschlagung anzufechten, das Girokonto der Erblasserin in ein Pfändungsschutzkonto umzuwandeln und einen Antrag nach § 904 Abs. 3 ZPO zu stellen. Problematisch wird es aber wohl schon beim Anfechtungsgrund (meiner Meinung nach handelt es sich lediglich um einen Motivirrtum, der nicht zur Anfechtung berechtigt). Zudem hätte der Ehemann selbst im Erfolgsfall dann die Schulden seiner Ehefrau an der Backe.

    Dass der Gläubiger die Gelder durch Erklärung gegenüber der Bank freigibt bzw. an den Schuldner zurückzahlt, halte ich zwar für rechtlich möglich aber unwahrscheinlich.

  • Handelt es sich um die Rente des Hinterbliebenen die auf das Konto der Verstorbenen eingegangen ist oder um die Zahlung einer 3-monatigen Rente im Rahmen des Sterbevierteljahrs an den Hinterbliebenen?

  • Es handelt sich um die 3-monatige Rente im Rahmen des Sterbevierteljahres.

    Auf die hat der Ehemann m.E. eh keinen Anspruch, sondern die Erben.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Ein leidiges Thema....

    Eines ist aber klar: Der Anspruch auf dieses sogenannte "Sterbevierteljahr" ist ein Anspruch des hinterbliebenen Ehemannes (unabhängig von Erbenstellung). Als "Einkommen" könnte man (an der Quelle oder bei Eingang auf eignem Konto) prüfen, ob dieser Anspruch unter 850b ZPO fällt und nur bedingt pfändbar ist.


    Gar nicht selten wird in solchen Situationen aber vergessen, dem Rentenversicherungsträger die Kontoverbindung des Berechtigten mitzuteilen und die Rentenversicherung leistet den Betrag auf das Konto der Verstorbenen.

    Etwas weit hergeholt: Könnte die Bank die Beträge an die Rentenversicherung zurückschicken, da Kontoinhaber nicht der Berechtigte ist ?

    Da stellen sich ganz viele Fragen.

    Wenn der Ehemann ausgeschlagen hat und auch alle anderen in Frage kommenden Erben - dann erlischt auch die Eigenschaft "P-Konto", oder ?

    Was geschieht denn ganz allgemein mit Kontoguthaben auf einem "P-Konto", wenn der Kontoinhaber verstirbt.....und z.B. der Erbe schon ein eigenes P-Konto hat ?


    Ich hab gerade noch eine Idee:

    Es handelt sich ja um Kontoguthaben, welches erst nach dem Tod des Kontoinhabers entstanden ist.

    Die Pfändung des Kontoguthabens entsteht aber mit jeder Gutschrift neu.

    Könnte man da nicht argumentieren, dass nur der Teil des Kontoguthabens gepfändet ist, der bereits vor Tod entstanden war und die Pfändung selbst erst einmal mit Tod des Kontoinhabers endet.

    Die Erben haften zwar mit dem Nachlass aber das ist eine andere Frage.

    Mal angenommen ein KOntoinhaber eines gepfändeten Kontos stirbt und der Erbe nimmt die Erbschaft an und das Konto wird (irgendwann) auf den Erben umgeschrieben: dann ist dieses Konto ja nicht automatisch gepfändet sondern der Erbe haftet für die Schulden. Nur am direkten Nachlass (also Kontoguthaben am Todestag ?) setzt sich die Pfändung fort, danach beginnt alles neu.

    Müsste mal ein Bank-Drittschuldner hier erklären, wie so etwas praktisch gehandhabt wird

    Einmal editiert, zuletzt von 305er (21. April 2022 um 13:08)

  • Interessanter Gedanke wegen der Erbenproblematik. In einem solchen Fall könnte das Vollstreckungsgericht berufen sein, eine Entscheidung nach 850k Abs. 4 ZPO zu treffen. Dass die Vereinbarung über die Einrichtung des Pfändungsschutzkontos Kraft Gesetztes entfällt, glaube ich nicht. Das neue Gesetz hat die Rechtslage klargestellt und spricht nun von einer Aufhebung durch Willenserklärung, 850k Abs. 5 ZPO. Kraft Gesetztes kann es meiner Meinung nach nur enden, wenn der Erbe aus rechtlichen Gründen überhaupt kein Pfändungsschutzkonto haben kann (z.B. weil er eine Kapitalgesellschaft ist).

    Die Idee mit dem Pfändungsende bei Tod des Schuldners dürfte nicht funktionieren. Das Pfandrecht wird über 779 ZPO auch für künftiges Kontoguthaben fortbestehen.

  • Interessanter Gedanke wegen der Erbenproblematik. In einem solchen Fall könnte das Vollstreckungsgericht berufen sein, eine Entscheidung nach 850k Abs. 4 ZPO zu treffen. Dass die Vereinbarung über die Einrichtung des Pfändungsschutzkontos Kraft Gesetztes entfällt, glaube ich nicht. ...

    Kraft Gesetzes wohl nicht, aber kraft AGB der Bank bei Tod des Kunden.

    siehe auch hier:

    Zitat

    Mit dem Tod des Inhabers endet die Eigenschaft als P-Konto, weil die Freibeträge nur dem Kontoinhaber selbst zustehen; beim Tod noch vorhandene Guthaben und weitere Eingänge sind an den Pfändungsgläubiger abzuführen.


    (Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-HdB, 1. Abschnitt. Allgemeine Grundlagen 4. Kapitel. Bankkonto, allgemein § 33. Kontenpfändung Rn. 33h, beck-online)

  • Interessanter Gedanke wegen der Erbenproblematik. In einem solchen Fall könnte das Vollstreckungsgericht berufen sein, eine Entscheidung nach 850k Abs. 4 ZPO zu treffen. Dass die Vereinbarung über die Einrichtung des Pfändungsschutzkontos Kraft Gesetztes entfällt, glaube ich nicht. ...

    Kraft Gesetzes wohl nicht, aber kraft AGB der Bank bei Tod des Kunden.

    siehe auch hier:

    Zitat

    Mit dem Tod des Inhabers endet die Eigenschaft als P-Konto, weil die Freibeträge nur dem Kontoinhaber selbst zustehen; beim Tod noch vorhandene Guthaben und weitere Eingänge sind an den Pfändungsgläubiger abzuführen.


    (Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-HdB, 1. Abschnitt. Allgemeine Grundlagen 4. Kapitel. Bankkonto, allgemein § 33. Kontenpfändung Rn. 33h, beck-online)

    Aus Bankensicht passiert genau das: Mit dem Tod des Schuldners erlischt der Pfändungsschutz auf dem Konto- noch vorhandene Guthaben werden pfändbar. Bereits vor dem Tod begonnene Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bleiben bestehen (hier die Pfändungen). Nach dem Tod zugestellte Pfändungen werden nicht mehr beachtet.

    Hier ist die Besonderheit ja das der Ehemann das Erbe ausgeschlagen hat. Solange nicht klar ist, ob es Erben gibt, lässt sich das aus Bankensicht nicht sauber lösen, da selbst die Zustimmung aller Gläubiger zur Rücküberweisung an den Rententräger nicht ausreichen würde, da man sich ansonsten gegenüber den Erben Schadenersatzpflichtig machen könnte.

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