Erbausschlagung wirksam?

  • Hallo!

    Folgender Fall:

    Erblasser verstirbt 1972.
    Er war 2 x verheiratet.
    1. Ehe geschieden --> 3 Kinder
    2. Ehe bestand bis zum Tod und ist kinderlos

    Die 2. Ehefrau beantragt 1977 einen Erbschein (EF und 3 Kinder je 1/4) der auch am selben Tag des Erbscheinsantrages erteilt und ihr ausgehändigt wird. Die 3 Kinder waren zu diesem Zeitpunkt (1977) noch minderjährig.

    Die Erbschaft wurde für die 3 Kinder nicht ausgeschlagen.
    Aus dem Nachlassakte (die im übrigen nur aus einem Blatt besteht (Vorderseite der ES-Antrag und hinten der Erbschein nebst Verfügung) geht nicht hervor, dass die Kinder bzw. deren gesetzlicher Vertreter zum Erbscheinsantrag angehört wurden.
    Ich meine, damals wurde das auch nicht gemacht. Der Todesfall lag ja bereit 5 Jahre zurück und die 2. Ehefrau versicherte in ihrer eV, dass alle Erben die Erbschaft angenommen haben.

    44 Jahre später ist nun eine Erbausschlagungserklärung eines Kindes eingegangen, mit der Begründung, dass von der Existenz dieses Erbscheins nichts gewusst wurde und erstmals durch die Forderung eines Gläubigers (Grundsteuern) von der Miterbenstellung erfahren hat, daher die Erbausschlagung jetzt.

    Was nun?

    Grüße Döner


  • 44 Jahre später ist nun eine Erbausschlagungserklärung eines Kindes eingegangen, mit der Begründung, dass von der Existenz dieses Erbscheins nichts gewusst wurde und erstmals durch die Forderung eines Gläubigers (Grundsteuern) von der Miterbenstellung erfahren hat, daher die Erbausschlagung jetzt.

    Auf dessen Kenntnis kommt es aber nicht an, wenn er zum Zeitpunkt des Erbfalls minderjährig war. Da wird man gucken müssen wer damals die Sorge hatte.

  • Es scheint ja Grundbesitz vorhanden zu sein. Sofern das Kind seinerzeit in das Grundbuch eingetragen wurde, müsste es (bzw. sein gesetzlicher Vertreter) ja eigentlich auf diesem Weg Kenntnis vom Erbschein erhalten haben.

  • Es scheint ja Grundbesitz vorhanden zu sein. Sofern das Kind seinerzeit in das Grundbuch eingetragen wurde, müsste es (bzw. sein gesetzlicher Vertreter) ja eigentlich auf diesem Weg Kenntnis vom Erbschein erhalten haben.

    Es ist offenbar Grundbesitz vorhanden, allerdings ist das Grundbuch nie berichtigt worden. So wie ich es aus dem Anschreiben der Stadt, wegen den Grundsteuern heraus lese, steht im Grundbuch noch die Mutter des Erblassers (Oma der Kinder) als Miteigentümerin drin.

    Es scheint auch ein Erbschein nach der Oma zu geben, mit dem Inhalt, das der Erblasser Erbe nach seiner Mutter ist.

  • Vielleicht auch nur ein Schuss ins Leere (wegen der vermutlich schon erfolgten Aussonderung...), aber damals müsste eigentlich ein Verfahren nach § 1640 BGB angelegt worden sein. Falls es doch noch eine entspr. Fam-Akte geben sollte, hätte man ja vielleicht einen Anhaltspunkt zu Kenntnis/Annahme pp.

  • Die Mutter der Kinder bzw. auch die Kinder wussten doch, dass der Erblasser gestorben ist. Insofern müsste da m.E. noch erheblich mehr kommen um zu glauben, dass sie keine Kenntnis von der Erbenstellung hatten...
    Der Erbschein ist dafür auch nicht wesentlich (außer es ergibt sich in diesem Zusammenhang eine positive Kenntnis...).

  • Oh, verzeiht, dass hätte ich noch schreiben können, Erbschein wurde nach DDR-Erbrecht (EGFGB) erteilt!

    Habe trotzdem den Hinweis von Mata aufgegriffen und in der Familienabteilung nachgefragt. Vielleicht gab es diese Art Verzeichnis auch schon zu DDR Zeiten, die Kollegin wollte jedenfalls mal im Archiv nachschauen ob sich etwas findt.

  • Das 4. Buch des BGB - und mit ihm auch § 1640 BGB - wurde durch § 27 Nr. 1 EGFGB mit Wirkung vom 01.04.1966 aufgehoben.

    Den Hinweis auf § 1954 Abs. 4 BGB verstehe ich nicht. Die dortige Frist gilt nur für die Anfechtung. Vorliegend geht es aber um die Frage, ob und ggf. wann die Ausschlagungsfrist begonnen hat und ob die Erbschaft demzufolge überhaupt angenommen wurde.

  • Das 4. Buch des BGB - und mit ihm auch § 1640 BGB - wurde durch § 27 Nr. 1 EGFGB mit Wirkung vom 01.04.1966 aufgehoben.

    Den Hinweis auf § 1954 Abs. 4 BGB verstehe ich nicht. Die dortige Frist gilt nur für die Anfechtung. Vorliegend geht es aber um die Frage, ob und ggf. wann die Ausschlagungsfrist begonnen hat und ob die Erbschaft demzufolge überhaupt angenommen wurde.

    Guten Morgen,
    ...und was schlägst Du vor zu tun, Cromwell?
    Die Kindsmutter befragen? (sofern sie noch lebt und wenn nicht?)

    Grüße
    Döner

  • § 403 ZGB der DDR: Die Ausschlagungsfrist beginnt mit der Kenntnis vom Erbfall (die Kenntnis von der Berufung als Erbe ist nicht ausschlagebend). Es ist doch sehr unwahrscheinlich, dass keine Kenntnis vom Versterben bestand.

  • § 403 ZGB der DDR: Die Ausschlagungsfrist beginnt mit der Kenntnis vom Erbfall (die Kenntnis von der Berufung als Erbe ist nicht ausschlagebend). Es ist doch sehr unwahrscheinlich, dass keine Kenntnis vom Versterben bestand.

    Das ZGB ist erst am 01.01.1976 in Kraft getreten, der Erbfall aber bereits 1972 eingetreten. Also gilt für die Ausschlagungsfrage das Erbstatut des BGB (Art. 8 Abs. 1 EGZGB).

  • Neues vom Fall:

    Mata ein Verzeichnis analog §1640 BGB ist nicht vorhanden. Die Kollegin hat die Altbestandskartei durchgeschaut.

    Die Kindsmutter kann leider auch nicht mehr befragt werden, da bereits 1980 verstorben. 2 von 3 Kindern waren damals immer noch minderjährig!

    Wie Cromwell schrieb, da man beim Erbfall 1972 auf das Erbstatut des BGB abstellt ist den Kindern die Erbschaft mit Kenntnis vom Erbfall angefallen.

    Ich werde das Kind nochmals anschreiben und um Mitteilung bitten, wann es erstmals vom Tod des Vaters erfahren hat, bzw. ob es diesen Umstand schon immer wusste. (war am Todestag des Vaters knapp 1 Jahr alt)

  • Neues vom Fall:
    Das ausschlagende Kind hat mir geantwortet.
    Es gibt an, dass es schon als Kind gewusst hatte, dass der Vater verstorben ist.
    Nach dem Tod der Mutter (er war damals 8 Jahre alt) kam er ins Kinderheim und die Behörden haben sich um den Nachlass der Mutter gekümmert. Ein Erbschein war ihm bis dato nicht bekannt.

    Ich meine mich jetzt dazu hinreißen zu lassen, dass er sich spätestens mit 18 Jahren hätte selbst um eine Anfechtung des Nachlasses nach seinem Vater hätte kümmern können. Nun, 44 Jahre nach dem Tod des Vaters dürfte wirklich alles zu spät sein.

    Seht ihr das auch so?

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