Neues Betreuungsrecht ab 01.01.2023

  • Hat jemand schon den Fall gehabt, dass der bisherige Berufsbetreuer weiterhin über den 31.06.2023 hinaus den Vergütungsantrag eingereicht hat, aber garnicht registriert ist?

    Ich habe nun den Fall. Ein Berufsbetreuer (Rechtsanwalt) hat sich nicht registrieren lassen, weil er alle Betreuungen nun abgeben wollte. Es sind jedoch noch nicht alle Betreuerwechsel erfolgt. Somit hat der Betreuer nun wie bislang auch seine Vergütungsantrage weiterhin eingereicht. Nun liegt mir ein Vergütungsantrag für den Zeitraum 10.04.2023-09.07.2023 vor. Wie ist das nun zu lösen? Vergütungsanspruch für die Zeit vom 10.04.2023-30.06.2023 mit bisherigem Vergütungssatz gequotelt auszahlen? Ab dem 01.07.2023 dann keine Berufsbetreuervergütung mehr, mangels Registrierung? Nur noch Auszahlung der tatsächlichen Aufwendungen möglich oder Aufwandspauschale anteilig?

    Gibt es hier bereits Erfahrungswerte?

  • Ohne Registrierung besteht weder ein Vergütungs- noch ein Aufwendungsersatzanspruch, Jürgens, Betreuungsrecht, 2023, Seite 1022 Rz. 3. Wird die Antragsfrist bis zum 30.06.2023 nicht eingehalten, verliert der Berufsbetreuer seinen Vergütungsanspruch und muss sich neu als Berufsbetreuer registrieren lassen, §§ 23,24 BtOG.

    Weiter gilt für die Vergütungseinstufung:

    Das Verfahren nach § 8 Abs. 3 VBVG ist nicht zwingend.

    Wird ein Vergütungsantrag gestellt, ohne dass dem Betreuungsgericht ein Eingruppierungsbescheid vorgelegt wird, wird die anzuwendende Vergütungstabelle im Vergütungsfestsetzungsverfahren durch den Rechtspfleger festgelegt (Luther, in: Jürgens, Betreungsrecht, 7. Aufl. 2023, VBVG § 8 Rn. 13; Schnellenbach/Normann-Scheerer/Giers/Thielke, Betreuungsrecht für die Praxis, Rn. 846). Hier ergibt sich gegenüber der bisherigen Rechtslage insoweit eine Vereinfachung, als es – jedenfalls für diejenigen Betreuer, die endgültig registriert sind oder ihre Tätigkeit vor dem 01.01.2020 aufgenommen haben, nur noch auf den formalen Ausbildungsabschluss und nicht mehr auf die Inhalte der absolvierten Ausbildung ankommt (Schnellenbach/Normann-Scheerer/Giers/Thielke, Betreuungsrecht für die Praxis, Rn. 842).

    Lediglich für diejenigen Betreuer, die ihre Tätigkeit zwischen dem 01.01.2020 und dem 01.01.2023 aufgenommen haben und noch nicht endgültig registriert sind, kommt nach § 19 Abs. 1 VBVG übergangsweise noch das alte Vergütungssystem zur Anwendung. Auch insoweit ist aber ein Eingruppierungsbescheid keine Voraussetzung für die Festsetzung der Vergütung. Die Eingruppierung durch das Landgericht kann in diesen Fällen sogar erst dann erfolgen, wenn eine endgültige Registrierung mit Sachkundenachweis erfolgt ist.

    Zusammenfassend gibt es nun also folgende Fallgruppen:

    • Endgültige Registrierung durch Landratsamt liegt vor: Vergütung nach dem neuen System; anwendbare Vergütungsgruppe wird entweder auf Grundlage eines Eingruppierungsbescheid des Landgerichts oder im Einzelfall von Rpfl bestimmt; maßgeblich ist nur noch, ob eine abgeschlossene Berufs- oder Hochschulausbildung vorliegt (§ 8 Abs. 2 VBVG).
    • Vorläufige Registrierung:
      • Aufnahme der Tätigkeit vor dem 01.01.2020: wie oben unter 1.
      • Aufnahme der Tätigkeit zwischen dem 01.01.2020 und dem 01.01.2023: § 19 Abs. 1 VBVG Anwendung des bis Ende 2022 geltenden Vergütungssystems (ggf. mit Prüfung der Ausbildungsinhalte)

    https://www.gesetze-im-internet.de/vbvg_2023/VBVG.pdf

    2 Mal editiert, zuletzt von Anton (5. Oktober 2023 um 16:29)

  • Naja, es geht hier nur nicht um das Eingruppierungsverfahren, sondern um die Registrierung als Berufsbetreuer.

    Und ohne diese Registrierung gibt es eben ab dem 30.06.2023 kein Vergütungsanspruch mehr, § 7 VBVG, § 19 Abs. 2 BtOG.

    Insofern: ja, bis zum 30.06.2023 rechnen und ggf. anteilig auszahlen. Wenn der Betreuer den darüber hinausgehenden Antrag nicht zurücknimmt, musst du ggf. diesen Teil der Vergütung mittels Beschluss zurückweisen.

  • Hallo, wenn der Betreuer bis 30.6.23 keinen Registierantrag gestellt hat, wirkt die Registrierfiktion nicht fort. Er ist also ab 1.7.23 Ehrenamtler. Vergütungsanträge, die über den 30.6.23 hinausgehen, sind „abzuschneiden“, also tageweise bis 30.6.23 zu quoteln, § 9 Abs. 4 VBVG. Ab 1.7.23 beginnt der Jahreszeitraum für die Aufwandspauschale nach § 1878 BGB.

    Ausnahme 1: Vermögender Betreuter und außergewöhnlich hoher Aufwand: Ermessensvergütung nach § 1876 BGB (dann keine Pauschale nach § 1878 BGB).

    Ausnahme 2: anwaltstypische Tätigkeit nach § 1877 Abs. 3 BGB. Geht dann aber nur für einzelne Tätigkeiten, entsprechend Tabelle RVG.

  • Hallo, mein Vereinsbetreuer wurde unter Auflagen registriert, da die erforderliche Sachkunde nicht nachgewiesen wurde. Die Sachkunde wurde bis zu der von der Betreuungsstelle gesetzten Frist (13.04.) nicht nachgewiesen und der Betreuer kündigte beim Verein. Der Betreuer war bis zum 01.08.2023 beim Verein beschäftigt. Bis zum Betreuerwechsel (20.09.2023) beantragte der Verein weiter Vergütung. Die zuständige Dame vom Verein teilte mir mit, dass bei einem Verein in diesem Fall keine Rückforderung der Vergütung erfolgen dürfe. Ist das korrekt?

  • Das dürfte eine Registrierung nach § 23 Abs. 4 BtOG gewesen sein. In solchen Fällen kann die Stammbehörde die Frist für die Nachreichung der Sachkunde einmal verlängern. Wichtig zu wissen: anders als bei § 33 BtOG ist die Registrierung nach § 23 Abs. 4 keine befristete Regelung; es handelt sich bei der Nachreichung um eine Auflage, nicht aber eine auflösende Bedingung. Heißt: die Registrierung bleibt auch nach Terminsversäumnis erhalten bis zum Widerruf nach § 27 Abs. 1 Nr 4BtOG. Wahrscheinlich ist der Betreuer dem durch Eigenkündigung zuvor gekommen.


    Frage ist noch: wer hat die Betreuung im August und September geführt? War der Verein selbst als Verhinderungsbetreuer bestellt (dann § 13 VBVG)?

  • Vielen Dank für deine Ausführungen HorstD!

    Es gab nie einen Verhinderungsbetreuer und der ehemalige Betreuer hat nur bis Juni gearbeitet. Danach hat eine andere Mitarbeiterin des Betreuungsvereins vertretungsweise bis zum Betreuerwechsel die Betreuung geführt.

    Der ehemalige Betreuer hatte noch die Auflage, bis zum Nachweis der Sachkunde durch eine andere, namentlich benannte berufliche Betreuerin angeleitet und kontrolliert zu werden.

    Einmal editiert, zuletzt von Karo (29. Dezember 2023 um 06:17)

  • Ich frage erst gar nicht, wie jemand, der nicht zum Betreuer bestellt wurde, eine Betreuung führen konnte.:eek:

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Das ist immer wieder das Problem bei Betreuerwechseln innerhalb des Vereins. Der Bestandsbetreuer ist krank oder hat gekündigt und es wurde zuvor kein Verhinderungsbetreuer bestellt. Bis zur Bestellung der neuen Betreuerin hat es zwei Monate gedauert.

  • Ist aber noch mal ein Weckruf: bitte künftig bei Bestellung eines Vereinsbetreuers immer gleich den Verein als Verhinderungsbetreuer mitbestellen, die vorherigen Hürden für dieses Procedere sind seit 1.1.23 ja entfallen, sowohl im Betreuungsrecht selbst als auch bei der Vergütung.

  • Eine Betreuerin hat den Tod des Betroffenen erst 8 Monate später mitgeteilt, wohl vorher aber auch keine Kenntnis darüber gehabt. Nun geht es um die Pflicht zur Einreichung einer Schlussrechnung.
    Gem. § 1872 Abs. 3 BGB ist die Schlussrechnung zu erstellen, wenn eine Berechtigter 6 Monate nach dem Ende der Betreuung unbekannt oder unbekannten Aufenthalts ist. Das Beiziehen der Nachlassakte hat ergeben, dass innerhalb dieser Frist zumindest im Nachlassgericht Erben (auch anschriftlich) bekannt geworden sind.

    Muss die Betreuerin jetzt eine Schlussrechnung einreichen (wegen des Ablaufs der 6-Monats-Frist) oder sind die Erben durch die Betreuerin auf das Recht zum Verlangen einer Schlussrechnung hinzuweisen (weil sie vor Ablauf der Frist zumindest der Allgemeinheit nicht unbekannt waren)?

  • Es sind jetzt Erben bekannt. Die 6-Monats-Frist soll m.E. nur verhindern, dass in Fällen ohne Erben keine Möglichkeit besteht, den Betreuer zu prüfen, und andererseits die Akten von Betreuer und Gericht irgendwann abgeschlossen werden sollen. Falls doch Erben bekannt werden, bevor die RL erfordert / erstellt / eingereicht / geprüft ist, hat m.E. Absatz 2 Vorrang vor Absatz 3.

    Kann das jetzt aber nicht belegen.

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

  • Mir ist soeben ein Fall begegnet, bei welchem das Gericht den jährlichen Rechnungslegungszeitraum dess § 1865 Abs. 2 BGB auf ein halbes Jahr verkürzt hat (hier: das Nachlassgericht für einen Nachlasspfleger, aber das macht aufgrund der in § 1888 BGB enthaltenen Verweisung auf das Betreuungsrecht ja keinen Unterschied). Ich halte das für unzulässig, weil das Gesetz eine solche Verkürzungsmöglichkeit nicht vorsieht. Der Reformgesetzgeber hat lediglich die frühere Verlängerungsmöglichkeit des § 1840 Abs. 4 BGB a. F. nicht übernommen, aber gleichzeitig keine Verkürzungsmöglichkeit vorgesehen. Eine solche Verkürzung war schon nach altem Recht unzulässig (LG Frankfurt Rpfleger 1993, 336) und daran hat sich nach meiner Ansicht aus den genannten Gründen nach neuem Recht auch nichts geändert.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!