Telefonvertrag auf den Namen des Berufsbetreuers

  • Guten Morgen,

    ein Berufsbetreuer hat einen Handyvertrag auf seinen Namen abgeschlossen, weil die Betroffene keine Telefonverträge abschließen kann, da sie in der Schufa steht. Sie hatte vorher eine Prepaidkarte, das ist aber teurer als der Vertrag. Diese Vorgehensweise entspricht dem ausdrücklichen Wunsch der Betroffenen.

    Ich stehe total auf dem Schlauch. Ich denke, dass das nicht zulässig ist und der Betreuer den Vertrag rückabwickeln/ kündigen muss oder steht auch hier der Wunsch der Betroffenen über allem anderen? Da es sich hier um einen schwierigen Betreuer handelt, der sehr wenig Wissen aber sehr viel Dreistigkeit mitbringt und alles, was ihm nicht passt, zum LG bringt, muss ich mir sicher sein, bevor ich ihn anschreibe.

    Vielen Dank schonmal im Voraus!

  • Schon beim lesen des ersten Absatzes kam mir der Gedanke ans Landgericht. Ich war von Anfang an mit der Wunschbefolgung der Meinung, da wird wohl sehr viel durch Rechtsprechung einjustiert werden müssen!

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    “Das tolle am Internet ist, dass endlich jeder der ganzen Welt seine Meinung mitteilen kann. Das Furchtbare ist, dass es auch jeder tut.” Marc-Uwe Kling, Die Känguru Chroniken
    Wie oft kommt das vor? "Öfter als niemals, seltener als immer." Jack Reacher - Der Bluthund
    "Aufs Beste hoffen, fürs Schlimmste planen" Jack Reacher

  • Wenn der Betreuer den Vertrag auf seinen Namen abgeschlossen hat, dann ist er auch daraus verpflichtet und muss die Kosten zahlen.

    Wenn es keine schlechten Menschen gäbe, gäbe es keine guten Juristen.

    Charles Dickens (1812-70), engl. Schriftsteller

  • Der Betreuer hat den Telefonvertrag persönlich geschlossen. Mit dem Betreuten schließt er ja nun einen Geschäftsbesorgungsvertrag, indem der das Handy samt Sim-Karte diesem überlässt - vermutlich im Gegenzug gegen die Übernahme sämtlicher Telefonkosten. Das ist doch ein klassisches Insichgeschäft. Also einen Ergänzungsbetreuer bestellen. Auch wenn die Konstruktion verrückt klingt; wenn unterm Strich es für den Betreuten von (finanziellem) Vorteil ist, warum nicht? Der Dumme in der Sache ist doch der Betreuer, er allein schuldet das Vertragsentgelt ggü dem Telefonkonzern.

  • Der Betreuer hat den Telefonvertrag persönlich geschlossen. Mit dem Betreuten schließt er ja nun einen Geschäftsbesorgungsvertrag, indem der das Handy samt Sim-Karte diesem überlässt - vermutlich im Gegenzug gegen die Übernahme sämtlicher Telefonkosten. Das ist doch ein klassisches Insichgeschäft. Also einen Ergänzungsbetreuer bestellen.

    Ein Ergänzungsbetreuer wäre nur erforderlich, wenn der Betreute nicht selbst handelt. Der Sachverhalt klingt aber ganz danach, als hätte der (geschäftsfähige) Betreute mit dem Betreuer selbst den Vertrag geschlossen.

  • Das ist zwar theoretisch möglich. Aber: ich unterstelle mal, der Betreuer hat den AK Vermögenssorge. Dann war jedenfalls der Richter der Ansicht, dass dort gesetzliche Vertretung nötig ist. Im übrigen: liegt nicht evtl doch Geschäftsunfähigkeit vor oder zumindest Unerfahrenheit, Mangel an Urteilsvermögen, erhebliche Willensschwäche, so wie sie in § 138 BGB beschrieben wird? Schufa-Eintrag (wofür?) ist ja auch zumindest ein Warnzeichen. Das eigentliche: mit dem Argument, der Betreute unterschreibt den Vertrag mit seinem Betreuer selbst, wird ja jeglichem möglichen Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Warum wohl hat der Gesetzgeber das Annahmeverbot in § 30 BtOG reingeschrieben (leider und inkonsequenterweise nur für Berufsbetreuer)? Zugegebenermaßen ist der Handyvertrag im Vergleich dazu nur eine Erdnuss; aber wo soll man die Grenze ziehen?

  • Guten Morgen,

    ein Berufsbetreuer hat einen Handyvertrag auf seinen Namen abgeschlossen, weil die Betroffene keine Telefonverträge abschließen kann, da sie in der Schufa steht. Sie hatte vorher eine Prepaidkarte, das ist aber teurer als der Vertrag. Diese Vorgehensweise entspricht dem ausdrücklichen Wunsch der Betroffenen.

    Ich stehe total auf dem Schlauch. Ich denke, dass das nicht zulässig ist und der Betreuer den Vertrag rückabwickeln/ kündigen muss oder steht auch hier der Wunsch der Betroffenen über allem anderen? Da es sich hier um einen schwierigen Betreuer handelt, der sehr wenig Wissen aber sehr viel Dreistigkeit mitbringt und alles, was ihm nicht passt, zum LG bringt, muss ich mir sicher sein, bevor ich ihn anschreibe.

    Vielen Dank schonmal im Voraus!

    Den Vertrag kann er doch abschließen...

    Nur halt die Kosten vom Betroffenen nicht erstatten lassen!🥸

  • Das ist zwar theoretisch möglich. Aber: ich unterstelle mal, der Betreuer hat den AK Vermögenssorge. Dann war jedenfalls der Richter der Ansicht, dass dort gesetzliche Vertretung nötig ist. Im übrigen: liegt nicht evtl doch Geschäftsunfähigkeit vor oder zumindest Unerfahrenheit, Mangel an Urteilsvermögen, erhebliche Willensschwäche, so wie sie in § 138 BGB beschrieben wird? Schufa-Eintrag (wofür?) ist ja auch zumindest ein Warnzeichen. Das eigentliche: mit dem Argument, der Betreute unterschreibt den Vertrag mit seinem Betreuer selbst, wird ja jeglichem möglichen Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Warum wohl hat der Gesetzgeber das Annahmeverbot in § 30 BtOG reingeschrieben (leider und inkonsequenterweise nur für Berufsbetreuer)? Zugegebenermaßen ist der Handyvertrag im Vergleich dazu nur eine Erdnuss; aber wo soll man die Grenze ziehen?

    Ich verstehe deine Bedenken, aber dem fehlt die rechtliche Stütze.

    § 30 BtOG untersagt Schenkungen, hier liegt aber ja keine Schenkung vor; nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 BtOG darf der Betreuer durchaus Zahlungen aus einem Geschäftsbesorgungsvertrag vom Betreuten annehmen.

    Für eine Geschäftsunfähigkeit gibt der Sachverhalt zu wenig her - und im Zweifel ist von Geschäftsfähigkeit auszugehen. Die angeordnete Betreuung ändert daran nichts, das gilt auch für einen Vertrag zwischen Betreuten und Betreuer, Aufgabenbereich Vermögenssorge hin oder her.

    Eine Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB anzunehmen halte ich ebenfalls für übertrieben. Insbesondere da die Sittenwidrigkeit sich auf den Geschäftsbesorgungsvertrag beziehen müsste. Und ich sehe da beim besten Willen nicht, wie sich der Betreuer damit am Betreuten bereichern soll, wenn er lediglich die Handykosten für das Handy des Betreuten an diesen weitergibt.

    Natürlich muss man als Gericht in so einem Fall genau hinschauen, ggf. den Betreuten dazu anhören und falls es ausufert auch einschreiten.

  • …Dann war jedenfalls der Richter der Ansicht, dass dort gesetzliche Vertretung nötig ist. …

    … Das eigentliche: mit dem Argument, der Betreute unterschreibt den Vertrag mit seinem Betreuer selbst, wird ja jeglichem möglichen Missbrauch Tür und Tor geöffnet. …

    Nein. Der Richter war der Ansicht, dass Unterstützungsbedarf besteht. Der Betreuer soll unterstützen.

    Es stellt sich bei vorliegendem Handeln des Betreuers die grundsätzliche Frage nach seiner Eignung. Aber manche Betreuer legen ihren Betreuten Bargeld aus und holen es sich später wieder. Dies wird in der Regel auch toleriert. Auch hier liegt ein Geschäft zwischen Betreuer und Betreutem vor.

  • Das ist zwar theoretisch möglich. Aber: ich unterstelle mal, der Betreuer hat den AK Vermögenssorge. Dann war jedenfalls der Richter der Ansicht, dass dort gesetzliche Vertretung nötig ist. Im übrigen: liegt nicht evtl doch Geschäftsunfähigkeit vor oder zumindest Unerfahrenheit, Mangel an Urteilsvermögen, erhebliche Willensschwäche, so wie sie in § 138 BGB beschrieben wird? Schufa-Eintrag (wofür?) ist ja auch zumindest ein Warnzeichen. Das eigentliche: mit dem Argument, der Betreute unterschreibt den Vertrag mit seinem Betreuer selbst, wird ja jeglichem möglichen Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Warum wohl hat der Gesetzgeber das Annahmeverbot in § 30 BtOG reingeschrieben (leider und inkonsequenterweise nur für Berufsbetreuer)? Zugegebenermaßen ist der Handyvertrag im Vergleich dazu nur eine Erdnuss; aber wo soll man die Grenze ziehen?

    Guten Tag Herr Deinert,

    ich schätze Ihre Fachkunde und Ihre Ausführungen, Kommentare etc. in diversern Foren sehr.

    Bei dem Satz

    "Dann war jedenfalls der Richter der Ansicht, dass dort gesetzliche Vertretung nötig ist. Im übrigen: liegt nicht evtl doch Geschäftsunfähigkeit vor"

    streuben sich bei mir aber die Nackenhaare.

    Der Richter und wohl auch ein Gutachter waren mitnichten der Meinung, dass eine Vertretung in Vermögensfragen nötig ist sondern das eine Unterstützung nötig ist.

    Auch die Auffassung, dass bei der Einrichtung der Vermögensorge evtl. eine Geschäftsunfähigkeit vorliegen könnte, entspricht weder der gängigen Rechtssprechung noch dem Sinn des Betreuungsrechtes. Solange kein Einwilligungsvorbehalt vorliegt, kann eine betreute Person einen Millionenkredit aufnehmen ohne das dafür eine Genehmigung des Betreuers oder des Gerichtes notwendig ist.

    Bei dem Aufgabenkreis "Vermögensorge" gleich zu denken, dass der Betreute mit Geld nicht umgehen kann, ist tiefstes Vormundschaftsrechtsdenken von vor 30 Jahren.

    Dann könnten Sie auch sagen, dass bei dem Aufgabenkreis "Gesundheitssorge" der Betreuer für jede Behandlung gefragt und einwilligen muss, egal was der Betreute sagt oder wie geistig fit dieser ist.

  • Wieso streben sich die Nackenhaare: alle Unterstützungsformen ohne gesetzlichen Vertreter gehen vor, sind betreuungsvermeidend. Also ist weiterhin die gesetzliche Vertretungsbefugnis das Strukturmerkmal. Das heißt natürlich nicht zwangsläufig für jedes einzelne Rechtsgeschäft, wir es ja § 1823 BGB klarstellt. Aber wenn gar keine gesetzliche Vertretung in einem Aufgabenbereich nötig ist, ist dieser ja aufzuheben. Der Betreuer ist kein Alltagsbegleiter oder Schuldnerberater.

  • Wieso streben sich die Nackenhaare: alle Unterstützungsformen ohne gesetzlichen Vertreter gehen vor, sind betreuungsvermeidend. Also ist weiterhin die gesetzliche Vertretungsbefugnis das Strukturmerkmal. Das heißt natürlich nicht zwangsläufig für jedes einzelne Rechtsgeschäft, wir es ja § 1823 BGB klarstellt. Aber wenn gar keine gesetzliche Vertretung in einem Aufgabenbereich nötig ist, ist dieser ja aufzuheben. Der Betreuer ist kein Alltagsbegleiter oder Schuldnerberater.

    Die Vermögenssorge ist alleine deshalb schon nötig um bei Ämter und Behörden Anträge stellen zu können.

    Der Aufgabenkreis "Vertretung gegenüber Ämter un Behörden" reicht dafür nämlich nicht aus wenn es um Anträge geht die mit Geld zu tun haben (Rente, Grundsicherung etc.).

    Das sagt ja noch lange nichts darüber aus ob der Betreute mit Geld umgehen kann.

    Grundsätzlich gebe ich Ihnen aber in soweit Recht, dass andere Unterstützungsformen vorrang haben.

    Aber finden Sie mal eine Unterstützungsform die mit dem Klienten Sozialhilfeanträge stellt, Unterlagen zusammensammelt etc.

    Was die Vertetungsbefugnis betrifft, geht das neue Betreuungrecht aber eher in die Richtung "Beratung" und "Unterstützung".

    Darüber, inwieweit das in der Praxis alles so sinnvoll ist, kann bestimmt gerne streiten.

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