Erbausschlagung aufnehmen außerhalb des Gerichts

  • Hallo zusammen,

    ich habe eine kurze Frage:

    Jemand der das Erbe ausschlagen will ist bettlägerig und kann nicht zum Gericht kommen.

    Sind wir als zuständiges Nachlassgericht in der Pflicht zur Beurkundung raus zu fahren? Oder muss sich die Person an einen Notar wenden oder einen Bevollmächtigten mit beglaubigter VM ausgestattet zum Gericht schicken?

    Hab da leider nix gefunden was in Richtung Verpflichtung geht oder nicht.

    Ich meine bei einer Testamentsrückgabe hab ich das schon gemacht...aber da war das für mich logisch und erforderlich. Eine andere Möglichkeit gibts da ja nicht.

    Danke.

    Gruß

    Carsten

  • Sind wir als zuständiges Nachlassgericht in der Pflicht zur Beurkundung raus zu fahren?

    M.E. ist das Gericht verpflichtet die auswärtige Beurkundung vorzunehmen, wenn der Erklärende gesundheitlich nicht in der Lage ist zum Gericht zu fahren.

    Der Bürger hat einen Anspruch darauf die Erklärung zur Niederschrift des Nachlassgerichtes zu erklären. Ich wüsste keine Rechtsgrundlage, die es erlaubt für derartige Fälle auf die Inanspruchnahme eines Notars zu verweisen.

    Ich habe auch schon einmal eine Ausschlagung auswärtig beurkundet.

  • Mir ist nicht ganz klar, mit welcher Begründung man eine solche gerichtliche Verpflichtung überhaupt verneinen will. Der Beteiligte entscheidet selbst, welche von mehreren Beurkundungsalternativen er wahrnehmen möchte.

    Oder schickt man die Leute für die eV im Erbscheinsverfahren zum Notar, nur weil dieser ebenfalls für deren Beurkundung zuständig ist?

  • So sehe ich es auch - und wurde von mir auch schon praktiziert. Der Gesetzgeber hat beide Alternativen ermöglicht und insoweit auch Gleichrang eingeräumt. Die Justiz kann sich meines Erachtens nicht aus dieser Verantwortung stehlen und hat dann zu protokollieren. Der Personalmangel der gern bevorzugt in den Nachlass- und Betreuungsgerichten auftritt, kann und darf nicht zu Lasten des Bürgers gehen

  • Natürlich kann man auch freundlich mit dem Bürger besprechen, ob er sich nicht gern an (s)einen Notar mit der Bitte um einen Hausbesuch wenden möchte.

    Wenn er allerdings eine Beurkundung durch das Gericht wünscht, wirst du ihn aufsuchen müssen, sofern er wirklich nicht kommen kann. Grundlage dürfte die sogenannte Urkundsgewährungspflicht sein.

  • Für den Notar ergibt sich das Ganze jedenfalls aus § 15 BNotO.

    Liegen besondere Umstände vor, die dies erfordern, findet die Beurkundung außerhalb seiner Geschäftsstelle statt (unzumutbare Erschwernisse für die Beteiligten, die dies erforderlich machen sind bspw. Krankheit, Gebrechlichkeit oder nicht barrierefreie Geschäftsstelle (BeckOK BNotO/Sander, 8. Ed. 1.8.2023, BNotO § 15 Rn. 42)).

  • Ansonsten wäre die Beurkundung an der Amtsstelle auch kein gerichtlicher Termin.

    Genau das ist m.E. der Fall.

    Termine i.S.d. §32 FamFG dienen der Erörterung der Sache. Die Beurkundung der Ausschlagungserklärung nicht. Sie dient der Erfüllung des materiellrechtlichen Formerfordernisses.

    Es erfolgt ja auch keine Ladung zum "Termin".

    Zumindest nach Auffassung des OLG Celle (6 W 75/16) liegt diesbezüglich auch kein gerichtliches Verfahren vor.

  • Hab vor wenigen Tagen eine Erbin mit einem vorbereiten TeilESA (1/2 Nachlass) zum Notar geschickt. Wert ca. 100.000€.

    Und das Notarbüro: Schickt die Erbin heim bzw. zum Nachlassgericht. Man wolle es nicht beurkunden. Das könne auch beim Gericht gemacht werden.

    Prost Mahlzeit. Soviel zum Thema: „Soll der Kunde doch sich an den Notar wenden, wenn er nicht zum Gericht kommen kann“.

    Es muss schon viel passieren, bis ein Notar sich wegen einer Ausschlagung zum Bürger aufmacht, wenn man noch nichtmal solche Beurkundungen im eigenen Büro vornehmen will.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Ohne auf Fachebene mitdiskutieren zu wollen - weil es sich schon einfach aufgrund Lebenserfahrung von selbst erklärt, die Beurkundung an einem anderen Ort nicht abzulehnen - nur mal aus der Erfahrung heraus:

    Ausschlagende bettlägerig, Frist drohte abzulaufen und sie würde nur jemanden vom Gericht in die Wohnung lassen; also pragmatische Lösung - Dienstausweis ausstellen lassen, Dienstwagen bestellt, dorthin gefahren, vorbereitetes Protokoll vorgelesen, von der Erklärenden genehmigt und unterschrieben, ein Dankeschön der Erklärenden erhalten, zurück ins ins Büro, Kosten, Vfg., Akte weglegen, erledigt.

    Wo ist jetzt genau nochmal das Problem?

  • Ohne auf Fachebene mitdiskutieren zu wollen - weil es sich schon einfach aufgrund Lebenserfahrung von selbst erklärt, die Beurkundung an einem anderen Ort nicht abzulehnen - nur mal aus der Erfahrung heraus:

    Ausschlagende bettlägerig, Frist drohte abzulaufen und sie würde nur jemanden vom Gericht in die Wohnung lassen; also pragmatische Lösung - Dienstausweis ausstellen lassen, Dienstwagen bestellt, dorthin gefahren, vorbereitetes Protokoll vorgelesen, von der Erklärenden genehmigt und unterschrieben, ein Dankeschön der Erklärenden erhalten, zurück ins ins Büro, Kosten, Vfg., Akte weglegen, erledigt.

    Wo ist jetzt genau nochmal das Problem?

    Rein praktisch bestünde hier das Problem darin, daß man auf die Ausstellung des Dienstausweises Wochen oder sogar Monate wartet.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Okayi, dann lass ich mir im Zweifel eine Art "Dienstbescheinigung" von der Verwaltung ausstellen, seit Corona auch das kein Problem mehr und das geringste Übel. Und ich bezweifle, dass auch so etwas immer notwendig ist.

    Mit "immer" meine ich zudem auch, dass man nicht jede Woche, geschweige denn der eine oder andere Kollege jemals in seiner ganzen Dienstzeit so einen Fall haben wird.

  • Die Frage war, ob das Gericht den Erklärenden aufsuchen muss, wenn dieser nicht bei Gericht erscheinen kann. Man wird feststellen können, dass das Gericht die Beurkundung sicher genauso wenig verweigern kann wie der Notar.

    Niemand hat geschrieben, dass er auf keinen Fall rausfährt oder dass das ein riesen Problem wäre.

  • ...und wie wäre das Abrechnungstechnisch gelöst? Stichwort Fahrtkosten des Gerichts? Unser Einzugsgebiet ist sehr ländlich/weitläufig und Taxifahrten sind hier sehr teuer. Trägt des alles die Staatskasse? Wenn ich hier bis in den letzten Winkel fahre, beurkunde und zurück fahre ist der Vormittag so ziemlich rum.

  • ...und wie wäre das Abrechnungstechnisch gelöst? Stichwort Fahrtkosten des Gerichts? Unser Einzugsgebiet ist sehr ländlich/weitläufig und Taxifahrten sind hier sehr teuer. Trägt des alles die Staatskasse? Wenn ich hier bis in den letzten Winkel fahre, beurkunde und zurück fahre ist der Vormittag so ziemlich rum.

    Sind als Auslagen vom Ausschlagenden zu tragen.

  • Fahrtkosten sind Auslagen des Verfahrens, die der Kostenschuldner zu tragen hat. Oder übersehe ich da gerade was?

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