Hallo liebes Forum,
erstmal finde ich es toll, dass es so ein Forum gibt und auch wenn es nicht dazu da ist sein persönliches Leid mitzuteilen, möchte ich trotzdem mein Dilemma schildern und hoffe auf Antworten und Denkanstöße.
Ich weiß im Endeffekt kann nur ich selber entscheiden, aber vielleicht hat der ein oder andere mehr Erfahrung und eine objektivere Sicht.
Also ich wollte schon als kleines Kind Richterin/Staatsanwältin/Rechtsanwältin oder Polizistin werden. Da war schon immer nur diese Schiene. Als ich dann ein Praktikum bei der Polizei gemacht habe, wurde mir aber klar, dass es aus persönlichen Gründen doch nicht so das Wahre war, wobei der Job für sich sehr interessant schien. Als ich "erwachsener" wurde schied auch Rechtsanwältin aus, einfach deswegen weil ich keine reichen Eltern habe, da ich aus einer Arbeiterfamilie komme und somit eine eigene Kanzlei nie aufbauen könnte. Und Großkanzleien setzen meistens auch voraus, das beide Examina mit VB oder wenigstens mit befriedigend abgeschlossen wurden (und da würde ich das Richteramt anstreben). Außerdem ist es kein Geheimnis, dass angestellte Rechtsanwälte bei kleineren Kanzleien kaum über die Runden kommen. Ich habe mich wirklich ausführlich informiert und um ein erfolgreicher Rechtsanwalt zu werden muss man sich einen Namen machen, was bedeutet man muss am Anfang jedes Mandat annehmen und Angeklagte rausboxen, selbst wenn man weiß dass sie schuldig sind. Ich kann das einfach nicht, das ist nicht der Grund warum ich in die Justiz wollte. Mein größter Ansporn ist die Gerechtigkeit. Aber wo bleibt die Gerechtigkeit, wenn ich einen Kinderschänder verteidigen muss, wenn ich nach oben will. Ich könnte nicht mehr in den Spiegel schauen. Nun blieben nur noch Richter und Staatsanwalt (mein eigentlicher Traumjob war immer Richterin zu werden). Aber die Chancen sind so gering, dass es sich für mich nicht lohnen würde ein so langes Studium auf mich zu nehmen und am Ende ohne Abschluss dar zustehen. Ich habe ein sehr gutes 1er Abi gemacht, aber es gibt viel zu viele Konkurrenten. Wieso sollte ausgerechnet ich zu den 5% gehören die in den Genuss des Richteramts kommen. Versteht mich nicht falsch ich bin eine selbstbewusste Persönlichkeit, aber ich bin auch sehr realistisch. Ich bin kein dummer Mensch, aber ich bin auch kein Überflieger und würde mich niemals als einer der klügsten Köpfe zählen. Ich bin sehr ehrgeizig aber mir ist Sicherheit unglaublich wichtig. Ich kann nicht jahrelang ins womöglich Leere hineinstudieren. Schon fast von der Justiz abgewandt habe ich mitbekommen wie sich ein paar aus meiner Klasse für den öffentlichen Dienst beworben haben, ich dachte mir nicht viel dabei, da ich das schon vorher kannte aber als sie erzählten, dass das ein Duales Studium im gehobenen Dienst ist, habe ich mich schon genauer darüber informiert und kam so auf den Rechtspfleger (von dem ich vorher, wie viele andere noch nie was gehört habe). Wie ich vorher erwähnt habe, würde ich mich nicht als eine der Klügsten bezeichnen (höherer Dienst) aber der gehobene Dienst hat mich sehr gereizt. Ich habe mich beworben und wurde genommen. Jetzt bin ich Rechtspflegeranwärterin.
Jetzt zu meinem eigentlichen Problem. Ich habe Angst es zu bereuen, es nie versucht zu haben Jura zu studieren.
Ich bin mit 22 auch nicht mehr die Jüngste und wenn ich jetzt ein Jura Studium begonnen hätte, wäre ich mit Ende 20 fertig. Hätte ich dann da festgestellt, dass das das falsche war, wäre ich für den Rechtspfleger-Beruf zu alt. Wenn ich aber jetzt Rechtspflege studiere und sehe, dass meine Noten ganz gut/ok sind, dann weiß ich, dass es das Richtige war (die Justiz ist definitiv das Richtige für mich aber der Schwierigkeitsgrad des Jura-Studiums ist einfach nicht zu unterschätzen). Wenn ich während des Studiums oder nach dem Studium zum Rechtspfleger aber überragende Leistungen habe, dann weiß ich, dass ich eine Chance habe das Jura-Studium zu packen und kann ja dann mit 25 immer noch Jura studieren (auch wenn ich dann noch älter bin) und dann erst Mitte 30 fertig bin (und das finanzielle Problem auch dazu kommt) Das Szenario was sich dann in meinem Kopf abspielt ist, was ist wenn ich danach doch merke, dass ich lieber Rechtspflegerin hätte bleiben sollen. Es gibt ja kein einfaches Zurück mehr in den Beamtendienst bzw. werde ich nicht mit Kusshand empfangen und muss auch noch teilweise die Anwärterbezüge zurückzahlen, wäre zu alt usw. Ich weiß, dass man sich als Rechtspfleger weiterbilden kann und Amtsanwalt werden kann (was selten ist) aber das wäre auch nicht das Wahre unter dem Staatsanwalt zu stehen, da arbeite ich lieber selbstständig und unabhängig als Rechtspfleger bei einem Gericht. Der Rechtspfleger-Beruf ist eigentlich alles was ich die ganze Zeit wollte: Gesetze anwenden, ratsuchende Bürger beraten, Fälle abarbeiten, Verhandlungen (Zwangsvollstreckung o.ä) führen, Familie kann nebenbei gegründet werden und genug Freizeit bleibt und ich finde die Bezahlung super (laut Besoldungstabellen auch wenn viele darüber klagen...). Aber was ist, wenn Richterin zu werden immer im Hinterkopf bleibt und ich mich in so einer Sandwich-Position befinde...Man weiß es halt vorher nicht.
Der nächste Punkt ist eben der, dass ich mit ca. 29/30 mein erstes Kind möchte und dann noch ein Kind 2-3 Jahre später. Natürlich ist dieser Wunsch mit dem Beruf des Rechtspflegers, der soviel ich weiß eine geregelte 40-Stunden-Woche bei Zeiten von Montag bis Freitag hat besser zu vereinbaren (Richter 50-60 Stunden Woche + Arbeit am Wochenende mit nach Hause nehmen). Desweiteren ist der Beamtenjob sehr familienfreundlich. Mir ist Familie sehr wichtig und die möchte ich nicht für ein Jura-Studium opfern. Ich weiß es gibt Richterinnen, die beides unter einen Hut bekommen, aber ich brauche meine Freizeit (dazu später mehr). Obwohl das jetzt sehr komisch klingt, ist die Verantwortung und der psychische Stress den man als Richter hat nicht zu vergleichen mit dem eines Rechtspflegers (wobei der auch nicht ohne sein dürfte, aber ich denke ihr wisst was ich meine). Und nach dem Jura-Studium geht es erst richtig los, da will ich meine Familienplanung nicht auf 40 verschieben, da ich das aus persönlichen und gesundheitlichen Gründen nicht gut finde.
Wie vorher erwähnt habe ich auch Hobbys. Ich singe gerne und schauspielere auch. Das ist aber nur ein Hobby. Ich habe auch eine Internetseite, auf der ich meine Werke hochlade, die mich auch Zeit kostet.
Was ich damit sagen will ist: man kann wohl nicht alles haben. Man kann nicht als Richterin tätig sein (vermeindlicher Traumjob), Eine Familie gründen und sich richtig um die Kinder kümmern (was mir sehr wichtig ist!) und seinen Hobbys nachgehen. Als Rechtspfleger sieht das schon anders aus. Klar kann man als Richter auch auf Teilzeit gehen, aber naja dafür studiert man nicht so lange. Die Kinder sind zwar irgendwann aus dem Gröbsten raus aber naja...ich stehe echt vor einem Dilemma... Ich war so schrecklich froh als ich die Zusage zum Rechtspfleger-Studium bekommen habe und bin es immer noch und will das nach wie vor unbedingt! Aber seitdem ich die Zusage habe, kamen diese Zweifel, vorher gab es nichts Größeres für mich. Ich denke irgendwie liegt es in der Natur des Menschen immer mehr zu wollen, immer der Beste und Höchste zu sein, immer unzufrieden zu sein und nach mehr zu streben. Ich habe nur Angst, dass ich es bereuen könnte nicht den schwierigeren Weg wenigstens versucht zu haben.
Mein momentaner Plan sieht so aus, dass ich mein Rechtspfleger-Studium so gut wie möglich abschließe und wie oben bereits erwähnt wenn die Noten gut sind bleibe ich dabei. Sollten sie aber überragend gut sein (was ich nicht glaube!) sollte ich vielleicht über Jura nachdenken, wobei das dann schwieriger wäre als es gleich zu machen.. Denkt ihr das ist ein guter Maßstab? Ich denke, dass das Rechtspflegerstudium leichter ist als das Jurastudium und wenn ich da schon gut/ok abgeschnitten habe es klar ist, dass ich dabei bleib.
Ich danke jedem, der das bis zum Schluss gelesen hat. Ich habe einfach meine Gedanken aufgeschrieben ohne groß darüber nachzudenken, ob mich der ein oder andere vielleicht deswegen verurteilen könnte, ich hoffe ihr versteht mich und könnt mir den ein oder anderen Tipp geben und mich auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Entschuldigung, dass das so wirr und unverständlich geschrieben ist, aber es ist spät und ich habe mir wiedermal ewig den Kopf zerbrochen.