Berufsbetreuer verlangt Auslagenpauschale in Höhe von 1,- € für Amazon-Bestellungen

  • Hallo,

    als sonst stiller Mitleser habe ich wieder ein Problem, zu dem mir die Suchfunktion nicht recht weiter helfen konnte.

    Laut Rechnungslegung einer Berufsbetreuerin erhebt diese neuerdings Gebühren in Höhe von 1,- € für Bestellungen von Betreuten, die über ein eigens dafür angelegtes Amazon-Prime Konto abgewickelt werden.

    Auf Nachfrage mit der Bitte um Begründung des Ansatzes wurde angegeben, dass das Konto eine Jahresgebühr von 89,90 € hat und alle Lieferungen damit kostenfrei seien.

    Wenn eine Bestellung - auf ausdrücklichen Wunsch nach einem vorherigen Hausbesuch oder Anforderung per WhatsApp - dort getätigt wird, wird die Pauschale von 1,- € erhoben.

    Damit sei zudem auch sicher gestellt, dass die Lieferung in Ordnung, die Rechnung bezahlt wird und der Betreute die Bestellung auch erhält.

    Bei der Beurteilung bin ich mir unsicher - grundsätzlich werden durch diese Vorgehensweise Versandkosten bzw. Kosten für die Beauftragung Dritter für Einkauf erspart....

    Die nächste Frage die mich beschäftigt - handelt es sich um Auslagen/ Aufwendungen, die eigentlich von der Betreuerin selbst zu zahlen wären, §§ 11 VBVG, 1877 BGB?

    Hat jemand Ideen - oder problematisiere ich, wo es eigentlich kein Problem gibt?

    Vielen Dank vorab!!

  • Zum Verständnis: die Berufsbetreuerin hat (auf ihren eigenen Namen?) ein Amazon-Prime-Konto eröffnet und bestellt über dieses Sachen für Betreute? Wenn das so ist, kollidiert diese Verfahrensweise nicht mit § 1836 BGB? Selbst wenn es unterm Strich für Betreute sogar preiswerter wäre?

  • Schon rein rechtlich dürfte die Kostruktion der Betreuerin nicht funktionieren, wenn nicht der Betroffene selbst die Vereinbarung mit der Betreuerin als Privatperson geschlossen hat.

    Und ist dies nicht der Fall braucht man über evtl. Vorteile der Konstruktion gar nicht zu reden.
    Ohne wirksamen Betrag kein Entgelt. Aus die Maus.

  • Als Inhaber des Kontos ist das Betreuungsbüro angegeben (kann erst morgen in die Akte schauen).

    Laut Begründung werden derartige „Abwicklungen“ nur dann getätigt, wenn die Betroffenen dies ausdrücklich, nach Hinweis auf die Pauschale, wünschen. Insoweit dürfte schon ein Vertrag zwischen Betroffenen und Betreuer zustande gekommen sein.

  • Die Rechnungen für die Bestellungen liegen vor? Denn selbst wenn man Amazon Prime hat, können ja für bestimmte Waren dennoch Versandkosten anfallen. z.B. wenn es sich um Drittverkäufer handelt o.Ä. (Ich hoffe ihr wisst, was ich meine..) Und für solche Bestellungen braucht man dann ja letztlich nicht die "Gebühr" von 1 € anfordern.

  • Ich frage mich auch, wie oft er diese 1 € in Rechnung stellt. Sofern er für mehrere Betreute Bestellungen vornimmt, dürften die 90 € im Jahr evtl. schnell erreicht sein. Ab dann würde der Betreuer ja "Gewinn" machen...

  • Die Rechnungen für die Bestellungen liegen vor? Denn selbst wenn man Amazon Prime hat, können ja für bestimmte Waren dennoch Versandkosten anfallen. z.B. wenn es sich um Drittverkäufer handelt o.Ä. (Ich hoffe ihr wisst, was ich meine..) Und für solche Bestellungen braucht man dann ja letztlich nicht die "Gebühr" von 1 € anfordern.

    Hinzu kommt die Frage, was denn idR so bestellt wird - ab 39 EUR kostet es ohnehin keine Versandkosten (außer wie schon genannt bei Drittverkäufern). Die weiteren Vorteile eines Prime-Kontos (Filme, Serien, Musik usw.) - nutzt die die Betreuerin?

    Eventuell wäre es zweckmäßiger, eine Amazon Business-Konto anzulegen, dann kann man auf Rechnung bestellen und die dann vom jeweiligen Konto des/der Betreuten bezahlen, für den/die bestellt wurde.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Prime bietet doch auch die Möglichkeit, sich als "Firma/Gesellschaft" anzumelden. Bei einem Betreuungsverein handelt es sich nicht um eine Privatperson. Als "Gesellschaft" habe ich die Möglichkeit, bis zu 50 unterschiedliche Lieferanschriften anzulegen und jeder einzelnen Bestellung eine andere Lieferanschrift zuzuordnen, an die dann durch Amazon ebenfalls kostenfrei geliefert wird.

    Prime beinhaltet ja nicht nur den kostenfreien Versand, sondern kostenfreie Musik, E-Books, Streaming usw., Wenn man Jahresabos bei anderen Anbietern abschließt, zahlt man zusammengerechnet wesentlich mehr als bei Amazon.

    Meine private Meinung: der Betreuer zockt seine Betreuten ab.

    »Die zehn Gebote sind deswegen so kurz und logisch, weil sie ohne Mitwirkung von Juristen zustandegekommen sind.«
    Charles de Gaulle (1890 − 1970)

  • ...

    Meine private Meinung: der Betreuer zockt seine Betreuten ab.

    Bei einem Euro pro Bestellung?

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • also ich denke, die Betreuerin meint das durchaus gut und freundlich für seine Klienten; die Einrichtung ist ja auch grds. ganz hübsch für die Betroffenen (für die 90,- € im Jahr oft gar nicht wenig Geld sind)

    Ich denke auch nicht, dass die Betreuerin mehr einzieht als die 90,- €

    ja 90,- € im Jahr sind nicht nichts, allerdings würde ein Berufsbetreuer sicherlich wegen eines solchen Betrages nicht seine berufliche Existenz gefährden (und sei die Gefährdung noch so abstrakt) - nichts anderes täte der Betreuer, wenn er sich auf Kosten der Betroffenen bereichert oder einen sonstigen besonderen Vorteil verschafft

    Ich würde der Betreuerin also wirklich nicht unterstellen, sich zu Lasten der Betroffenen fehl zu verhalten.

    Ich würde mich allerdings fragen, ob eine derartige Handhabe überhaupt akzeptabel sein kann; ich störe mich erheblich daran, dass hier ein Benutzerkonto bei Amazon für das Betreuungsbüro angelegt und hierüber die Geschäfte der Betroffenen abgewickelt werden;

    Ich gehe davon aus, dass das gewählte Konstrukt eigentlich nicht vorgesehen ist und dass es ausschließlich durch Umgehung der geschäftlichen Vorgaben von Amazon funktioniert/funktionieren kann

    Hieraus ergeben sich potentielle Folgeprobleme:

    Wer schließt tatsächlich mit wem Verträge ab? Wem gehören tatsächlich die gesendeten Waren? Was ist mit Rücksenden, Fehlsendungen oder sonstigem Gedöns? Macht man sich mit dieser Handhabe (durch Amazon) theoretisch belangbar? Wer?

    Außerdem meine ich, dass die Handhabe mit dem Trennungsgebot nicht vereinbar ist.

    Ganz zum schluss bin ich ganz allgemein der Meinung, dass die Betreuer die Angelegenheit der Betroffenen dringend rechtstreu besorgen sollen

    Ich würde dieses Konstrukt nicht mittragen und auf die Betreuerin einwirken, die Handhabe zu beenden

    die Geschäfte der Betroffenen werden gefälligst über deren eigene Portale und auf deren eigene Rechnung besorgt

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

    Einmal editiert, zuletzt von JoansDong (8. Mai 2024 um 09:11)

  • Nur für den Fall, dass es nicht deutlich genug war: Egal ob Privatkunde oder gewerblicher Kunde kann/darf der Kunde von ihm bestellte Ware (Rechnungsadresse) ohne Begründung an eine von ihm bestimmte, von der Rechnungsadresse abweichende "Lieferadresse" versandkostenfrei liefern lassen.

    Diese Bestellung würde also erst gar nicht beim Betreuer ankommen, sondern dem Betreuten unmittelbar durch den Lieferdienst von Amazon versandkostenfrei zugestellt.

    Wenn der Betreuer sich alle Bestellungen (von Betreuten) an seine Adresse zustellen lässt, dann hat die von ihm geforderte Pauschale von 1,00 € nicht nur einen schlechten Beigeschmack, sondern dürfte auch u.U. hart am Betrug sein.

    Wer will denn anhand der Rechnung, die dem Betreuer zugestellt wird, nachhalten, ob er wirklich "Fremdbestellungen" für welche Personen auch immer vorgenommen hat?

    »Die zehn Gebote sind deswegen so kurz und logisch, weil sie ohne Mitwirkung von Juristen zustandegekommen sind.«
    Charles de Gaulle (1890 − 1970)

  • Ist es einem Betreuer gesetzlich verboten außerhalb des Betreuungsverfahrens mit seinen Betroffenen -Geschäftsfähigkeit vorausgesetzt- "Geschäfte" zu machen?

    Nur wenn wir das Bejahen können, haben wir als BG ein gesetzliche Grundlage, gegen das Handeln des Betreuers vorzugehen. Oder sehe ich das falsch.

    Wenn ich als Außenstehender für für unter rechtlicher Betreuung stehende Mitbürger Bestelldienste vornehmen, und für diese Dienstleistung einen Obulus von EUR 1,00 pro Bestellung verlange, wird mir niemand Betrug oder Abzocke vorwerfen. Oder etwa doch?

    Und was ich als Außenstehender bei meinen Geschäften für einen Reibach mache, dürfte doch wohl auch niemanden etwas angehen. Gewinn machen im übrigen alle Geschäftemacher, angefangen vom Bäcker, Metzger, Taxifahrer, DHL, DPD, Hermes, ...

    Was wäre, wenn der rechtliche Betreuer einen Dritten mit der Bestellung beauftragen würde und dieser dann pro Bestellung EUR 1,00 verlangen würde? Wie würde dann die Beanstandung an den Betreuer lauten? "Du darfst niemand mit der Abwicklung der Bestellung beauftragen?" "Die Abwicklung einer Bestellung bei Amanzon ist nicht deligierbares Betreuerhandeln?"

    Ansonsten wird der zitierte schlechte Beigeschmack nur im Rahmen künftiger "Nichtmehrzumbetreuerbestellungen" geregelt werden können.

  • Ist es einem Betreuer gesetzlich verboten außerhalb des Betreuungsverfahrens mit seinen Betroffenen -Geschäftsfähigkeit vorausgesetzt- "Geschäfte" zu machen?

    ja; wenn das strenge Gebot zur Trennung der Vermögen verletzt wird.

    - so wie hier; wenn man die Abwicklung von Geschäften (Bestellungen) etc. der Vermögenssphäre zuordnet (wozu ich neige)

    Nur wenn wir das Bejahen können, haben wir als BG ein gesetzliche Grundlage, gegen das Handeln des Betreuers vorzugehen. Oder sehe ich das falsch.

    Ich denke unsere Aufsichtspflichten gehen doch etwas weiter und schließen grds. mit ein, dass wir es unterbinden, wenn ein Betreuer sich auf eine Weise verhält, die dem Betroffenen schaden könnte (siehe bspw. obige potentielle Folgeprobleme) oder auch dass der Betreuer die Betreuung auf eine Weise führt, durch die offensichtlich Recht verletzt wird oder durch die offensichtlich gegen bindende Vereinbarung verstoßen wird (Ich halte es für überwiegend wahrscheinlich, dass die AGB von Amazon eine derartige Handhabe nicht vorsehen/ausschließen; man möge mich eines anderen belehren)- auch wenn es zum unmittelbaren Vorteil des Betroffenen gereicht.
    Erklärt bspw. der Betreuer für den Betroffenen die Steuer und macht dabei unrichtige Angaben zum Vorteil des Betroffenen und ich merke das, dann unterbinde ich das (egal und unabhängig davon, ob ein Risiko oder eine grds. Belangbarkeit des Betroffenen besteht oder nicht)

    Wenn ich als Außenstehender für für unter rechtlicher Betreuung stehende Mitbürger Bestelldienste vornehmen, und für diese Dienstleistung einen Obulus von EUR 1,00 pro Bestellung verlange, wird mir niemand Betrug oder Abzocke vorwerfen. Oder etwa doch?

    nein (zumindest von mir nicht)

    Was wäre, wenn der rechtliche Betreuer einen Dritten mit der Bestellung beauftragen würde und dieser dann pro Bestellung EUR 1,00 verlangen würde? Wie würde dann die Beanstandung an den Betreuer lauten? "Du darfst niemand mit der Abwicklung der Bestellung beauftragen?" "Die Abwicklung einer Bestellung bei Amanzon ist nicht deligierbares Betreuerhandeln?"

    Ne; aber wenn es mir auffällt (und das ist hier ja nunmal so) würde ich schreiben: Du (Berufs-)Betreuer sollst die Betreuung nicht auf diese Weise führen; du sollst nicht mit deinem Betroffenen und für deinen Betroffenen strukturell und die ganze Zeit in (zivil-)rechtswidriger Weise verfahren (und dir darüber hinaus den Aufwand noch erstatten lassen)

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • Selbst wenn man zu dem Ergebnis kommen sollte, dass dieses kostenpflichtige Konto notwendig ist, habe ich doch arge Bedenken an der Vorgehensweise.

    Denn folgt man der Argumentation

    Auf Nachfrage mit der Bitte um Begründung des Ansatzes wurde angegeben, dass das Konto eine Jahresgebühr von 89,90 € hat und alle Lieferungen damit kostenfrei seien.

    würde das für mich bedeuten, dass die Betreuerin Buch darüber führen müsste, wie viele Bestellungen innerhalb des Jahres der Jahresgebühr insgesamt angefallen sind und wie viele Bestellungen dem konkreten Betroffenen zuzuordnen sind. Entsprechend wäre dann sein Anteil in Ansatz zu bringen, damit die Betreuerin die Jahresgebühr wieder reingeholt hat - sie somit weder Plus noch Minus machen kann.

    Vom ersten Bauchgefühl her würde ich aber auch sagen, dass das so nicht ganz richtig sein kann.

    Eben weil manche Lieferungen versandkostenfrei sind.

    (Kommt man zu einem anderen Ergebnis würde ich mir wohl versichern lassen, dass sie diese Mitgliedschaft ausschließlich für die Betroffenen nutzt und nicht für sich selber etwas bestellt oder selber Teile der Mitgliedschaft - wie Streaming - nutzt.)

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