Anteilsblätter verstorbene Eigentümer

  • Hallo Grundbuchler,

    wir haben bei uns im GB die missliche Situation, dass teils über Jahrzehnte bei Veräußerungen häufiger die separaten Anteilsblatt gebuchten Wegeanteile vergessen wurden.

    (Heute habe ich zufällig erfahren, dass andere Grundbuchämter einen verweisenden Vermerk ins GB setzen, damit diese Anteile nicht vergessen werden... schade - zu spät.)

    Nun räumt die Stadt auf und gräbt sämtliche Toten in den GB aus :rolleyes:

    § 82 GBO... Vorbereitung aufs DaBa-GB... Die Probleme könnt Ihr Euch sicher blumig vorstellen.

    Besonderen "Spaß" macht mir die folgende exemplarische Situation:

    Eigentümer/in verkauft das Hausgrundstück in 1972 - Anteilsblatt vergessen.

    Diverse Weiterveräußerungen, ursprüngliche E ist seit Jahrzehnten tot, vermutliche Erben bzw. Erbeserben sind vorhanden, aber kein Erbnachweis.

    Theoretisch müsste ich die möglichen Erben anschreiben, GB-Berichtigung unter Vorlage der zu erbringenden Erbnachweise notfalls erzwingen.

    Der Wert des vergessenen Anteils geht gegen Null, Erbschein nur zu GB-Berichtigungszwecken gibt`s nicht mehr und der Aufwand und Ärger steht in keinerlei vernünftigem Verhältnis zum Ziel. Außer, dass ich am Ende (im Idealfall) ein sauberes GB hab.
    (Mal ganz ehrlich - wie soll man den Erben DAS erklären und ohne Skrupel aufbürden!!)

    Gibt es in Euren Gerichten kreative, praxisgerechte Lösungen für dieses Problem?

    Und wie sieht dieser mystische Verweisungsvermerk aus, dass wir zukünftig die Anteile nicht mehr vergessen?

  • Okay, stimmt...danke.

    Ist aber leider nur ein Teil der Lösung.

    Ich verlagere das Problem nun etwas - wie gesagt, die Variationen hier sind vielfältig:

    Die Erben sind unbekannt. Oder stellen trotz des Verzichts auf den formellen Erbnachweis keinen Berichtigungsantrag.

    Praktisch gesehen liegt das Problem ja darin, dass dieser Anteil wirtschaftlich zu dem Blatt gehört, das schon längst einen neuen Eigentümer hat. Der weiß von nichts und die Erben (wenn überhaupt vorhanden) müssten, um den für sie völlig wertlosen und unnützen Anteil loszuwerden, an ihn auflassen. Irrer Aufwand, weitere Kosten.

    Mein Ziel: möglichst viel und pragmatisch aufräumen, aber natürlich nicht rechtsbeugend.

    Ich hab so die fixe Idee, dass man vielleicht - unter Mitwirkung/Einverständnis aller bekannter Beteiligter, also natürlich der Erben und des heutigen Eigentümers des "wesentlichen" Grundstücks - den ursprünglichen KV dahingehend auslegen könnte, dass dieser wirtschaftlich ja nicht selbständige Anteil mitveräußert sein sollte und auch bei den nachfolgenden Auflassungen "drangeklebt" hat. Dann könnte ich ihn aufgrund der vergangenen Auflassungen umschreiben...

    Wie seht Ihr das so? Andere Ideen?

  • Und wie sieht dieser mystische Verweisungsvermerk aus, dass wir zukünftig die Anteile nicht mehr vergessen?

    Die Probleme damit hat auch das Grundbuchamt, aber die Verantwortung muss man schon richtig verorten: "Wir" vergessen die Anteile nicht, sondern die Beteiligten. Wenn ich bei einem vergessenen Anteil den Notar oder die Beteiligten auf diesen Anteil hinweise, ist das zwar nett, aber keine Pflicht für mich.

    Einen eigenständigen Verweisungsvermerk kenne ich nicht. In den Fällen, in denen mir der Anteil auffällt, ergibt es das meist aus Abteilung II oder III (Übertragungs- oder Mithaftvermerk). Bei größeren Siedlungen weiß ich von der Existenz eines Anteils schon durch die Adresse.

    Eine Auslegung, dass der Anteil "automatisch" mit verkauft wird, scheint mir zu weitgehend, da ein solcher gleichzeitiger Anteilsverkauf nicht zwingend ist (oder nur schuldrechtlich vereinbart ist).

  • Da kann ich Kai nur zustimmen. Auch ich versuche, wenn ich es durch Mithaftvermerke oder Ortskenntnis feststelle, den Notar auf die in anderen Blättern gebuchten Anteile aufmerksam zu machen.

    Zu Deinem Problem würde mir noch das Aufgebotsverfahren einfallen. Müsste man wahrscheinlich in jedem einzelnen Fall mit einem "Aufgebotsspezialisten" abklären, ob die Voraussetzungen vorliegen.

    Wir sind zu allem bereit, aber zu nichts zu gebrauchen.

  • Du könntest auch den Ball zurückspielen: ein Anschreiben an die komplette „Anliegerschaft“ des Wegegrundstücks dahingehend, dass offenkundig in der Vergangenheit der Wegeanteil nicht mit veräußert wurde und daher verschiedene Eigentümer nicht auch Eigentümer des Weges sind. Es wird auf die Problematik aufmerksam gemacht und anheim gestellt, das doch mal zu überprüfen… Man darf davon ausgehen, dass dann so richtig Bewegung in die Sache kommen wird, aber zumindest liegt dann wenigstens ein Teil der Arbeit da, wo er hingehört. Nämlich bei den Eigentümern.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Die Auflassungen beziehen sich nicht auf die "vergessenen" Anteile.

    Die Rechtslage ist daher eindeutig. Die Eigentümer sind in dem separaten Anteilsblatt zutreffend gebucht und - falls verstorben - sind die Eigentümer nunmehr deren Erben bzw. Erbeserben.

    Müssen die Erbfolgen und Erbeserbfolgen eben festgestellt werden.

  • "...(Mal ganz ehrlich - wie soll man den Erben DAS erklären und ohne Skrupel aufbürden!!)..."

    Ist doch ganz einfach. Nicht die Verantwortung aufdrücken lassen sondern schlicht darlegen.

    Es ist weder dein Problem, vor allem aber nicht deine Schuld, dass da etwas vergessen wurde. Würde der E noch leben, wäre es an ihm, seinen Fehler zu korrigieren. Lebt er nicht mehr, wer sollte es sonst sein, außer den Erben?

    Ich kann das auch nicht nachvollziehen, wie man nicht wissen kann, was man gekauft hat und was einem gehört und das im Verkaufsfall zu "vergessen". Aber so ist es eben. Es ist aber eben genau so nicht mein Problem.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Natürlich tragen wir keine Verantwortung für die vergessenen Anteile. Aber die Aufräumarbeit für die Versäumnisse der damaligen Eigentümer bleibt wegen § 82 GBO an uns kleben. Das sind Unmengen von Akten, die wir einfach nicht vom Tisch bekommen und die Erben gehen uns steil. Natürlich sagen wir denen, dass das nicht unser Verschulden ist. Hilft aber alles nichts

    Und zieht das mal zigfach durch - Erbenermittlung...anschreiben...erinnern...Zwangsgeldandrohung...und -festsetzung...Vollstreckung... zwischendurch die entrüsteten Anrufe ...

    Ihr wisst alle, wie viel 'ne Eigentumsumschreibung zählt.

    Hatte gehofft, das Problem hätten andere auch und vielleicht eine Idee dazu.

    Hilft wohl nix - ich mach brav weiter und leg mir ne Teflonschicht zu.

    Danke aber an Euch für's Mitdenken :thumbup:

    Bei heutigen Verkäufen ist die Gefahr des Vergessens ziemlich gering. Dafür sind wir hier alle viel zu sehr getriggert. Unser Problem sind - wie gesagt - die alten Kisten, die nach all den Jahren jetzt in Massen aufplöppen.

    Den Vermerk würde ich tatsächlich gerne mal sehen - wäre vielleicht wirklich charmant.

  • Den Vermerk würde ich tatsächlich gerne mal sehen - wäre vielleicht wirklich charmant.

    Bei dem Hauptgrundstück und dem Anteilsgrundstück handelt es sich um unterschiedliche und rechtlich selbstständige Grundstücke. Aus Grundbuchsicht gibt es also für einen anlasslosen und isolierten "Verweisungsvermerk" keinen rechtlichen Grund. Mir fällt auch keine Rechtsgrundlage dafür ein. Wenn es dafür eine Rechtsgrundlage geben würde, dann hätte ich schon mal davon gehört, behaupte ich mal.

    Der beste mir bekannte "Verweisungsvermerk" ist die Buchung nach § 3 Absatz 4 GBO.

  • ... und die Erben gehen uns steil. ...

    Lass sie doch steil gehen. Sie müssen als Erben doch "nur" das Versäumnis des Erblassers nachbessern. Kein Grund zur Aufregung.

    Hilft meistens.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Guten Morgen,

    ich hatte das gleiche Problem auch schon einmal in einer Wohnanlage mit ca. 60 Wohnungen. Dort wurde bei den Veräußerungen der Anteil an dem Garagenkomplex vergessen zu veräußern. Als mir das ganze aufgefallen ist, habe ich die alten und neuen Eigentümer bzw. die Erben der verstorbenen Eigentümer angeschrieben und das Problem dargelegt. Es ist nun mal kein Fehler des Grundbuchamts gewesen, sondern ein Versehen der Beteiligten und des beurkundeten Notars. Ich weiß, dass viele Bürger aufgrund meines Schreibens aus allen Wolken gefallen sind, aber wohl oder übel mussten neue Verträge beurkundet werden. Ein riesen Aufwand, aber anders sah meine Lösung nicht aus.

    Viele Grüße

  • sondern ein Versehen der Beteiligten und des beurkundeten Notars.

    Der Notar trägt hier keine Verantwortung (sofern sich nicht aus Mithaftstellen die Buchung des Grundstücksanteils in einem anderen Blatt ergibt). Wir können auch nur beurkunden, was und die Beteiligten mitteilen. Regelmäßig beurkunde ich ein- bis zweimal im Jahr solche Nachträge (mit den Beteiligten selbst, den Erben/Erbeserben, Unbedenklichkeitsbescheinigung vom FA, Genehmigungen, etc. volles Programm eben). Manchmal klappt es noch mit der Vollzugsvollmacht (meine Vollmacht gibt das inhaltlich her), v.a. dann wenn die eigentliche Eigentumsänderung noch nicht erfolgt ist.

  • Ja, passiert hier auch von Zeit zu Zeit.

    Und was passieren kann, wenn man es nicht löst, kann man hier sehen: SWR: Investor droht Anwohnern in Zweibrücken

    (Zusammenfassung: Bauträger hat Erschließungsstraße nicht an Stadt übereignet, Straße wurde versteigert, neuer Eigentümer will Kohle und droht damit, die Straße zu sperren oder abzureißen, was natürlich straßenrechtliche wegen der öffentlich-rechtlichen Widmung nicht funktioniert, aber dennoch bei den Anwohnern einiges an Panik auslöst).

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Deswegen "hasse" ich solche separaten Anteilsblätter, weil die Buchungsweise nach § 3 Abs. 4 GBO problemlos garantieren würde, dass derlei nicht vorkommen kann.

    Wenn einem solche Anteilsblätter über den Weg laufen, kann man sich in zweierlei Hinsicht behelfen: "Aktendeckelpinner" bei allen Grundakten über die Hauptgrundstücke, sodass man das Problem ggf. beim nächsten Grundbuchvollzug erkennt, wenn der Anteil vergessen wurde, oder Auflösung des Anteilsblatts und Zubuchung nach § 3 Abs. 4 GBO bei allen "Hauptblättern". Letzteres funktioniert aber natürlich nur, wenn bislang keine Anteile - und wenn es nur ein einziger war - "vergessen" wurde, wenn die Auflösung des Anteilsblatts dazu führen würde, dass man den Anteil isoliert auf einem Grundbuchblatt buchen muss (bei anderweitigem Grundbesitz des "Alteigentümers" kann man ihn ja nicht zubuchen, weil das Hauptgrundstück jemand anderem gehört).

  • Es ist ein altbekanntes Problem, dass bei (nahezu) wertlosen Grundstücken oder Anteilen (Grünland, Wege- oder Altlastenverdachtsflächen etc.),
    die Erben der verstorbenen (Mit-)Eigentümer wenig bis kein Interesse an einer Grundbuch-Berichtigung haben.

    Wenn dann noch hinzukommt, dass alle bekannten Erbschaftsanwärter ausschlagen, im Ausland leben oder unbekannten Aufenthalts sind,
    enden für das Grundbuchamt die Möglichkeiten, auf eine Berichtigung hinzuwirken.

    Da bleibt nur, das Nachlassgericht um Ermittlung der Erben nach § 82a Satz 2 GBO zu ersuchen.
    Falls auch das NL-Gericht auch keine Erben findet, steht am Ende die Feststellung des Fiskus-Erbrechts nach § 1936 BGB.

    Das ist allemal besser, als ein Grundstück mit unbekannten Eigentümer,
    das niemand haben möchte.

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

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