Was geht hier schief?

  • Mh, der soziale Status ist mir persönlich egal. Und da sich bisher nix an der Vergütung getan hat und auch wohl nix tun wird: Mir ist es egal wie das heißt.

    Ein richtiges Studium ist es eh nicht und wird es bei der Dauer wohl auch nicht. Und die negativen Auswirkungen auf den Nachwuchs (wenn es m.E. auch nicht der einzige Grund für das Abbrechen ist) sehen wir ja.

  • Der Vorbereitungsdienst für den geh. Justizdienst ist

    a) berufsqualifizierend für die Tätigkeit als Rechtspfleger, findet
    b) an einer Hochschule statt und kann
    c) mit Realschulabschluß nicht absolviert werden; nötig ist allgemeine oder Fachhochschulreife.

    Von daher ist es natürlich ein Studium.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Und du würdest es mit einem Studium der Rechtswissenschaften vergleichen ?

    8 -10 Semester ungefähr 3 Semester gegenüberstellen ?

    Würde ich nicht. Wir haben halt was eigenes, egal wie man es nennt.

  • Und du würdest es mit einem Studium der Rechtswissenschaften vergleichen ?

    8 -10 Semester ungefähr 3 Semester gegenüberstellen ?

    Würde ich nicht. Wir haben halt was eigenes, egal wie man es nennt.

    Nein. das nicht, aber

    6 Semester Rechtspflegestudium mit einem 6 Semester Bachelor-Studiengang schon;).

    Warum sich so schwer dran tun es Studium zu nennen?

  • Warum ich mich so schwer tue ? Weil durch das Zielen aufs Studium die Inhalte der bisherigen Ausbildung erheblich verändert werden.

    Und das Ergebnis ist ja nun sichtbar, denn es ist Ausgangspunkt des Threads

    (Wenn auch m.E. es nicht alleine daran liegt)

  • Bei uns waren 5 11er Stellen (=Beförderungsstellen ) ausgeschrieben. Von uns haben sich 3 Kollegen beworben, die bereits in dem Bereich tätig sind und für die 11er Tätigkeit nach 10 besoldet werden. Keiner war geeignet. Die Stellen sollten bevorzugt an männliche Bewerber vergeben werden (es hat mich schon sehr gewundert, dass so etwas in der Ausschreibung steht). Von 5 Stellen ging EINE an einen männlichen Bewerber. Mich wollten sie nicht, als Antwort habe ich nen Dreizeiler bekommen: "Nett, dass sie sich beworben haben. Sie haben die Stelle nicht bekommen. Mehr Glück nächstes Mal." Kein Wort, warum ich die Stelle nicht bekommen habe und dass es die letzte Chance für eine Beförderung war . Meine Antwort (ich gebe zu, etwas patzig) kann man sich vorstellen.

  • Ein bisschen mehr Selbstbewußtsein und ein wenig mehr wissenschaftliches Arbeiten würde manchmal nicht schaden;)

    Wir haben ja teilweise wirklich über wichtige Fragen zu entscheiden. Und gut Ding braucht halt Zeit. Wenn man immer nur auf die sogenannte Praxistauglichkeit schaut (viele verstehen darunter eh nur, die Sachen egal wie möglichst schnell wegzuhauen), braucht man sich nicht wundern, wenn das Ansehen immer mehr sinkt.

    Ich würde mir wesentlich mehr streitbare Rechtspfleger vom Schlage "Cromwell" wünschen. Und das ist halt nur mit fundiertem Wissen möglich

  • Warum ich mich so schwer tue ? Weil durch das Zielen aufs Studium die Inhalte der bisherigen Ausbildung erheblich verändert werden.

    Und das Ergebnis ist ja nun sichtbar, denn es ist Ausgangspunkt des Threads

    (Wenn auch m.E. es nicht alleine daran liegt)

    Ich denke, das sind 2 getrennte Fragen. Auch wenn man dir zustimmt, dass das Studium an der Praxis vorbeigeht (was ich nicht tue), hat das nichts mit der Quote von Abbrechern und Durchfallern zu tun. Denn ersteres wirkt sich erst aus, wenn man bereits bestanden hat. Außerdem lese ich aus den weiter oben genannten Zahlen, dass der Anstieg des Anteils der nicht erfolgreichen Anwärter zeitlich nicht mit der Umstellung des Studiums zusammenfällt, was gegen einen Zusammenhang spricht.

    In Hildesheim war ich im ersten Jahrgang, für den die damals neue Studienordnung galt und der eine Diplomarbeit schreiben musste. Meiner Meinung nach bin ich angemessen auf die spätere Tätigkeit vorbereitet worden (Verbesserungen sind natürlich immer möglich und die Diplomarbeit selbst halte ich tatsächlich für überflüssig, was aber nur einen geringen Anteil des Studiums ausmacht).

    Soweit ich weiß, gab es seit dem dort nur unwesentliche Änderungen im Ablauf.

    Im Übrigen denke ich, dass eine Umstellung auf eine klassische Ausbildung eher dazu führen wird, dass der Beruf für die "guten" Leute auch den letzten Reiz verliert.

    Einmal editiert, zuletzt von S.H. (14. Juni 2019 um 08:50)

  • Also, in den meisten Berufen besteht die tägliche Arbeit doch vorwiegend aus Routine.
    Trotzdem sollte es nicht schaden, bei Bedarf auch Fachwissen "aus der Tiefe zu holen", das mich dazu befähigt, im Einzelfall auch komplexe Probleme zu lösen.
    Hilfe von irgendwelcher Seite kann ich im Einzelfall nicht erwarten, schon gar nicht, dass irgend jemand mir die Verantwortung für meine Entscheidung abnimmt.
    Gerade das Letztere ist in anderen Berufen durchaus anders.
    Da gibt es meistens einen Vorgesetzten, der sich bei Bedarf einschaltet.
    Also bitte, macht euch nicht zu klein, das machen andere Berufsgruppen auch nicht.

  • Warum ich mich so schwer tue ? Weil durch das Zielen aufs Studium die Inhalte der bisherigen Ausbildung erheblich verändert werden.

    Und das Ergebnis ist ja nun sichtbar, denn es ist Ausgangspunkt des Threads

    (Wenn auch m.E. es nicht alleine daran liegt)


    Tut mir leid, das verstehe ich (im Hinblick auf die aktuelle Diskussion) nicht.

    Es handelt sich schon seit Jahrzehnten um ein Studium der Rechtspflege. Falls es deshalb Veränderungen gab, müssen diese schon entsprechend lange zurückliegen.

  • Klar hieß es schon immer Studium, selbst zu meiner Zeit.

    Aber war es wirklich eins ? M.E. nicht. Ich habe später mal aus Spass ein bisken Jura studiert: Das ist anders, es fängt mit der Selbstorganisation an und hört mit der Dauer auf.

    Und wie Traumtänzer ausführt: Bolongna lässt grüßen und der Wille, unsere "Ausbildung"/Studium da anzugleichen.

    Wie schon gesagt: Mir ist auch egal, wie das ganze letztendlich genannt wird.

    Aber in den 1,5 Jahren sollte vom Umfang nicht zu viel Stoff vermittelt werden, sondern anhand einer begrenzten Stoffmenge in die Tiefe gegangen werden.

    Dass das sicher nicht der einzige Grund ist, warum so viele Leute abbrechen oder später die Justiz verlassen (Gibt hier ja schon wieder einen Thread). Das hat sicher viele Gründe, von der Bezahlung, den Arbeitsbedingungen, der Personalführung, den Aufstiegsmöglichkeiten oder auch persönliche Gründe.

    Damit wir später nicht alleine in den Gerichten sitzen, weil der Nachwuchs fehlt, sollte das aber mal angegangen werden.

  • Ich denke auch nicht, dass Veränderungen am Studium (so groß waren die in Bayern meiner Kenntnis nach auch nicht in den letzten Jahren) eine große Rolle spielen bei der hier diskutierten Problematik.
    Natürlich merkt man als Student, dass viele der gelehrten Dinge in der Praxis selten bis gar nicht benötigt werden. Dennoch ist es meiner Meinung nach sehr wichtig, dass man juristisches Arbeiten und Denken lernt und dies funktionierte bei mir im Studium recht gut.
    Man könnte sicher in ein paar Fächern andere Schwerpunkte setzen, aber insgesamt ist es doch in allen Studiengängen so, dass man vieles lernt, dass man später nicht mehr braucht, das ist auch den Studenten bewusst.
    Eine Ausbildung ist es deshalb meiner Meinung nach definitiv nicht und war es auch früher nicht, denn in einer solchen lerne ich wirklich nur das, was ich genau für diesen Berufszweig brauche.

    Mir macht weiterhin am meisten Sorgen, dass es der Staat nicht schafft, diese Berufsbilder attraktiver zu bewerben und auch zu gestalten. Vorallem scheint das in höheren Ebenen aber auch keiner zu bemerken oder niemanden zu stören, es scheint weiterhin die Meinung vorzuherrschen, dass die Arbeit beim Staat von sich aus Belohnung und Berufung genug sein müsste und die Bewerber in Scharen angelaufen kommen müssten.

  • Meines Erachtens nach passen Art und Aufwand der Vorbereitung auf den Beruf nicht mit dem zusammen, was danach geboten wird.

    Ich bin definitiv der Meinung, dass man das Rechtspflegerstudium guten Gewissens als Studium bezeichnen kann. Die Menge an Fachwissen, die (zumindest in Schwetzingen) auf gerade einmal zwei Jahre Theoriezeit gepresst wird, ist enorm. Natürlich ist es kein Jurastudium, dieses hat andere Schwerpunkte, andere Grundvoraussetzungen, andere Vorteile und andere Nachteile. Ich sehe jetzt aber auch ehrlich gesagt nicht ein, jedem, der einen Bachelor hat (oder Jura ist 25 Semestern ganz entspannt studiert hat), zuzugestehen, dass dieser ja eine härtere Wissensvermittlung hinter sich hat als wir Rechtspfleger.

    Die Sache ist nur eben, dass im Studium extrem hohe Anforderungen gestellt werden für das Gehalt und die Karrieremöglichkeiten, die danach geboten werden. Die Länder müssten sich eben entscheiden:
    Will ich wenig zahlen? Gut, dann fahr die Anforderungen im Studium herunter, mache von mir aus eine Ausbildung daraus, erwarte weniger Fachwissen, weniger Problemlösungsfähigkeit, mehr "Masse wegarbeiten".
    Will ich fachlich gut ausgebildete Rechtspfleger, die ich nach ein wenig Einarbeitungszeit auf ein vollständig anderes Sachgebiet setzen kann und die auch in ihren sachgebietsfremden Materien ein gewisses Basiswissen haben? Gut, dann beweise dich in der Konkurrenz mit der freien Wirtschaft, biete bessere Bedingungen (Gehalt, Versorgung, Möglichkeiten, etc.).

    Ich glaube schon, dass sehr viele, die in der Justiz arbeiten, Freunden und Bekannten, die vor einer Studienentscheidung stehen, von dem Berufszwei Rechtspfleger abraten. Ja, die Arbeit macht (vermutlich) den meisten Kollegen von uns Spaß, aber ob man dafür die entsprechende Gegenleistung bekommt, darüber lässt sich streiten.

  • Aber in den 1,5 Jahren sollte vom Umfang nicht zu viel Stoff vermittelt werden, sondern anhand einer begrenzten Stoffmenge in die Tiefe gegangen werden.

    Was sollte denn konkret wegfallen? Du hast vorher das materielle Strafrecht angesprochen. Das war bei mir sehr wenig und diente eher dazu, rechtliche Grundlagen zu vermitteln. Im Übrigen halte ich die Studieninhalte so, wie ich sie erlebt habe, für gut. Eventuell wäre eine geringfügige Verlängerung sinnvoll, das wird aber sicher nicht passieren.

  • Aber in den 1,5 Jahren sollte vom Umfang nicht zu viel Stoff vermittelt werden, sondern anhand einer begrenzten Stoffmenge in die Tiefe gegangen werden.

    Was sollte denn konkret wegfallen? Du hast vorher das materielle Strafrecht angesprochen. Das war bei mir sehr wenig und diente eher dazu, rechtliche Grundlagen zu vermitteln. Im Übrigen halte ich die Studieninhalte so, wie ich sie erlebt habe, für gut. Eventuell wäre eine geringfügige Verlängerung sinnvoll, das wird aber sicher nicht passieren.

    In NRW wird jetzt die praktische Zeit um 3 Monate verkürzt und diese 3 Monate in die Theorie an der FH gesteckt...

  • Auf der Homepage der fhr (Fachhochschule für Rechtspflege) NRW gibt es einen beschämend unkritischen „Videobeitrag über Studium und Beruf des Rechtspflegers“.
    Natürlich sind Werbefilmchen von Hause aus beschönigend und nicht hinterfragend, aber dort kommen vorwiegend 2 nestwarme Anwärter (!) zu Wort.
    Das ist tatsächlich unklug – wenn man mir diesen Euphemismus erlauben mag.

    Wen will man gewinnen?
    Kluge, aufgeweckte Schulabgänger.
    Wer fällt auf diese billige Propaganda nicht rein? Kluge, aufgeweckte……ach, ich bin müde.


    Das zum Thema Nachwuchsgewinnung.

  • Ich denke, zu sagen, alles ist gut, wie es jetzt ist, ist der falsche Weg. Denn dann hätten wir nicht so viele Abbrecher und mehr Bewerber.

    Konkret sagen, welcher Stoff eingespart werden soll, kann ich nicht, dazu kenne ich die Lehrpläne nicht genau genug.

    Aber so weiter machen wie bisher, führt zum Ausgangspunkts des Threads.

    Klar, gut ausgebildet und mit Rechtsverständnis muss sein, keine Frage. Und wie das heißt, ist mir wirklich ziemlich egal (ums nochmal zu wiederholen).

    Ich denke, das ganze gehört mal auf den Prüfstand durch berufenere Leute als mich.

    Ok, und was danach kommt ist auch nicht wirklich gut. Da gehört eine bessere Bezahlung im gesamten öD dazu (es fehlen ja auch andere Berufsgruppen), mehr Beförderungsstellen (grade auch im Bereich der Rechtspfleger, denn grade unser Beruf sollte besser bezahlt werden, als weisungsgebundene Beamte LG 2.1.

    Dazu sollten Ausstattung der Gerichte sächlich und personell verbessert werden und mal eine angemessene Führungskultur eingeführt werden. Naja, eigentlich hat die Justiz grundsätzlich mal eine Renovierung verdient. Aber dies ist hier ein zu weites Feld.

  • Was läuft beim Studium schief?

    Ich plaudere jetzt mal aus Nds. Ich zitiere mal eine Rechtspflegerin, Richterin und Professorin (ja, sie machte erst ein Rechtspflegerstudium) dort:

    Nach dem Besuch des nds. JM an der HR Nord traf Sie folgende Aussage:
    Dass die Durchfallquoten ähnlich oder geringer als bei Jura sind, ist nicht - wie der Justizminister vermutet, ein gutes Zeichen, es ist einfach nur peinlich. ( Info: 2017 HR Nord ca. 15%, 97 von 114 bestanden- letzte aktuelle Zahl) Jura kann fast jeder studieren, vor dem Rechtspflegerstudium jedoch steht eine harte Auswahl durch das OLG: Viele, die jetzt Jura studieren würden mit Ihrem Abi gar nicht erst in die Auswahl zum Rechtspfleger gelangen. Es ist eine Schande, wenn auch nur ein einziger von Ihnen das Studium nicht besteht. Denn Sie meine Damen und Herren hier sind die Besten der Besten. Eine Verlängerung des Studiums ist notwendig und dies schon seit Jahrzehnten: Die Rechtspflegerausbildung dauert 3 Jahre. Sie dauerte auch, als ich studierte 3 Jahre und auch davor. Wenn man sich einmal ansieht, wie viele neue Aufgaben -insbesondere hier in Niedersachsen- dem Rechtspfleger übertragen wurden ist dies eine Schande. Sie werden hier mit dem Fülltrichter vollgestopft, dies insbesondere im HS I, dies ist in meinen Augen menschenunwürdig.


    Diese Aussage habe ich immer im Kopf, wenn ich höre wir haben zu wenig Personal und das Studium funktioniert nicht...

  • Was beim Rechtspflegerstudium etwas zu kurz kommt ist mE das wissenschaftliche Arbeiten, die Vermittlung der Fähigkeit zum Hinterfragen von Dingen (egal ob es sich um Rechtsprechung oder die "Gerichtsflurmeinung" handelt) und die Fähigkeit, Sachverhalte differenziert und nicht schematisch zu betrachten. Gerade im Beratungshilfethread merkt man auch, dass es häufig doch am materiellen Wissen und damit einhergehend einem Problembewusstsein mangelt, wobei man natürlich berücksichtigen muss, dass das Beratungs-/ Rechtsantragstellendezernat häufig von Berufsanfängern bearbeitet wird. Außerdem finde ich, dass gerade im öffentlichen Recht deutlich mehr in die Tiefe gegangen werden sollte, da das Wissen um die verfassungsrechtlichen Grundlagen der justiziellen Tätigkeit (und auch der Aufbau des Staates und seiner öffentlich-rechtlichen Handlungsformen) auch essentiell für das ganze Berufsverständnis ist. Das materielle Strafrecht ist hingegen auch meiner Meinung nach im Studium überrepräsentiert.

    Insgesamt vermittelt das Rechtspflegerstudium ein sehr "technisches" Verständnis von Recht (eine Sozialisierung, die ich auch bei mir selbst immer wieder feststelle), was aber für die Tätigkeiten, die man als Rechtspfleger ausführt, nicht einmal schlecht ist und für das man - was auch einmal gesagt werden muss - von anderen Juristen auch geschätzt wird. Auch wenn man manchmal den Ruf als "Korinthenkacker" nicht los wird ;)

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



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