• Exakt:

    § 35
    Begriff der Insolvenzmasse


    (1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).

    Aber Insulaner ist da offenbar ziemlich resistent.
    Und wieso müsssen wir unsere alten Freigabe-Beschlüsse ändern, wenn wir der Meinung sind, die EPP wäre pfändbar? Konkret hatten wir nur das Arbeitseinkommen vom Arbeitgeber freigegeben, aber das wird ja wohl in einem Rutsch mit der EPP überwiesen werden, sodass ich nicht davon ausgehe, dass das für das Kreditinstitut unterscheidbar wäre. Und alternativ beim Freibetrag vom P-Konto macht es bis zum Erreichen des pfändungsfreien Betrages ohnehin keinen Unterschied, woher das Guthaben kommt.

    Es stellt sich also schon die Frage, wie die IV damit umgehen werden und womöglich die Arbeitgeber noch einmal zur Leistung auffordern werden.

  • Kurze Frage rein von der verfahrensrechtlichen Seite her betrachtet:

    Ist es wahrscheinlich, dass die Frage der Pfändbarkeit tatsächlich mal vom BGH geklärt wird oder ist hier ggf. schon beim Landgericht etc. Schluss?

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Gegen die Beschlüsse, mit denen über Anträge mutmaßlich dann gestützt auf §§ 906, 850i oder 765a ZPO entschieden wurde, wäre die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO statthaft und das LG müsste die Rechtsbeschwerde zulassen gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Es müsste zuvor beim LG der Einzelrichter die Entscheidung der Kammer nach § 568 S. 2 ZPO übertragen, wenn er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst. Das geschieht allerdings nur selten.

  • Kurze Frage rein von der verfahrensrechtlichen Seite her betrachtet:

    Ist es wahrscheinlich, dass die Frage der Pfändbarkeit tatsächlich mal vom BGH geklärt wird oder ist hier ggf. schon beim Landgericht etc. Schluss?

    Im eröffneten Verfahren beim Streit über die Massezugehörigen landet das eher am BAG

  • "Eine gezahlte Corona-Prämie ist als Erschwerniszulage nach § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar. Daher darf die Küchenhilfe, die eine Sonderzahlung von 400,00 Euro erhielt, diese trotz eröffnetem Insolvenzverfahren behalten."


    Hilft aber für die EPP nicht weiter. Die bekommt ja unterschiedslos jeder Erwerbstätige durch den und nicht vom Arbeitgeber, auch wenn er gar keine Fahrtkosten hat, weil er mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt, zu Fuß geht, vom Arbeitgeber kutschiert wird, eine Tankkarte vom AG hat usw. usf.

  • Ich bin auch der Meinung, dass man die EEP anders bewerten muss als eine freiwillig vom Arbeitgeber gezahlte Coronaprämie.

    Die EEP wird nicht wegen Erschwernissen bei der Arbeit gezahlt und ist deshalb auch keine Erschwerniszulage.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Und ist durch das BAG heute teilweise beantwortet worden: BAG, Urteil vom 25.08.2022 - 8 AZR 14/22: Eine Coronazahlung ist dann unpfändbar, wenn sie vom Arbeitgeber als Ausgleich für schlechte Bedingungen bezahlt wird.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Nicht für schlechte Bedingungen, sondern[FONT=&quot] eine bei der Arbeitsleistung der Schuldnerin tatsächlich gegebene Erschwernis.

    [/FONT]Hier geht es aber um die Kompensation von Lebensumständen, nämlich der Preiserhöhung.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Und ist durch das BAG heute teilweise beantwortet worden: BAG, Urteil vom 25.08.2022 - 8 AZR 14/22: Eine Coronazahlung ist dann unpfändbar, wenn sie vom Arbeitgeber als Ausgleich für schlechte Bedingungen bezahlt wird. Mit freundlichen Grüßen AndreasH

    Nicht für schlechte Bedingungen, sondern eine bei der Arbeitsleistung der Schuldnerin tatsächlich gegebene Erschwernis. Hier geht es aber um die Kompensation von Lebensumständen, nämlich der Preiserhöhung.

    Interessant zu lesen in diesem Zusammenhang ist auch ArbG Bautzen, 17.03.2021 - 3 Ca 3145/20. Geht es dem Gesetzgeber um das Hochhalten der Kaufkraft im Allgemeinen (was man bei einer pauschal an alle unabhängig von irgendwelchen Bedürftigkeiten ausgezahlten Leistung durchaus annehmen darf), dann braucht es einer expliziten Klarstellung durch den Gesetzgeber im Bezug auf die Unpfändbarkeit. Trifft er diese nicht gibts halt keine Ausnahme.

  • Und ist durch das BAG heute teilweise beantwortet worden: BAG, Urteil vom 25.08.2022 - 8 AZR 14/22: Eine Coronazahlung ist dann unpfändbar, wenn sie vom Arbeitgeber als Ausgleich für schlechte Bedingungen bezahlt wird. Mit freundlichen Grüßen AndreasH

    Nicht für schlechte Bedingungen, sondern eine bei der Arbeitsleistung der Schuldnerin tatsächlich gegebene Erschwernis. Hier geht es aber um die Kompensation von Lebensumständen, nämlich der Preiserhöhung.

    Interessant zu lesen in diesem Zusammenhang ist auch ArbG Bautzen, 17.03.2021 - 3 Ca 3145/20. Geht es dem Gesetzgeber um das Hochhalten der Kaufkraft im Allgemeinen (was man bei einer pauschal an alle unabhängig von irgendwelchen Bedürftigkeiten ausgezahlten Leistung durchaus annehmen darf), dann braucht es einer expliziten Klarstellung durch den Gesetzgeber im Bezug auf die Unpfändbarkeit. Trifft er diese nicht gibts halt keine Ausnahme.

    Also nur zur Ehrenrettung: Es geht nicht darum, allgemein die Kaufkraft zu erhöhen. Die Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind defacto aktuell gestiegen. Nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip muss sich diese Kostensteigerung auch irgendwo bei einer Erhöhung der steuerlichen Anerkennung dieser Kosten niederschlagen. Daher hat man die Werbungskosten-Entfernungspauschale ab dem 21sten Kilometer befristet erhöht. Die Pendlerpauschale für Fernpendler (also ab dem 21km Wegstrecke zur Arbeit) wurde für 2021 zunächst auf 35 Cent und ab 2022 auf 38 Cent (befristet bis 2026) erhöht, während es für die ersten 20km weiterhin nur 30 Cent sind. Eine Erhöhung für Kurzstreckenpendler würde sich aber in vielen Fällen auch gar nicht steuerlich auswirken, da der Arbeitnehmerpauschbetrag in der Summe gar nicht überschritten werden würde. Daher der Weg über die Direktauszahlung für die ersten 20km. Die rund 300 Euro sind in der Nähe dessen angesiedelt, was die Erhöhung um 8 Cent für 20km an 220 Arbeitstagen ungefähr ausmacht. Die Voraussetzung für den Erhalt der Pauschale ist daher, erwerbstätig zu sein. Rentner und Studenten sind bspw. raus. Die soziale Komponente kommt durch die Versteuerung. Wer ein hohes zu versteuerndes Einkommen hat, bekommt entsprechend weniger Netto von der Pauschale. (Nebenbei: Die Erhöhung der Entfernungspauschale wirkt genau andersrum: Je mehr Einkommen, desto mehr steuerliche Entlastung)

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

    2 Mal editiert, zuletzt von Exec (30. August 2022 um 09:33)

  • Und ist durch das BAG heute teilweise beantwortet worden: BAG, Urteil vom 25.08.2022 - 8 AZR 14/22: Eine Coronazahlung ist dann unpfändbar, wenn sie vom Arbeitgeber als Ausgleich für schlechte Bedingungen bezahlt wird. Mit freundlichen Grüßen AndreasH

    Nicht für schlechte Bedingungen, sondern[FONT=&quot] eine bei der Arbeitsleistung der Schuldnerin tatsächlich gegebene Erschwernis. [/FONT]Hier geht es aber um die Kompensation von Lebensumständen, nämlich der Preiserhöhung.

    Interessant zu lesen in diesem Zusammenhang ist auch ArbG Bautzen, 17.03.2021 - 3 Ca 3145/20. Geht es dem Gesetzgeber um das Hochhalten der Kaufkraft im Allgemeinen (was man bei einer pauschal an alle unabhängig von irgendwelchen Bedürftigkeiten ausgezahlten Leistung durchaus annehmen darf), dann braucht es einer expliziten Klarstellung durch den Gesetzgeber im Bezug auf die Unpfändbarkeit. Trifft er diese nicht gibts halt keine Ausnahme.

    Also nur zur Ehrenrettung: Es geht nicht darum, allgemein die Kaufkraft zu erhöhen. Die Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind defacto aktuell gestiegen. Nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip muss sich diese Kostensteigerung auch irgendwo bei einer Erhöhung der steuerlichen Anerkennung dieser Kosten niederschlagen. Daher hat man die Werbungskosten-Entfernungspauschale ab dem 21sten Kilometer befristet erhöht. Die Pendlerpauschale für Fernpendler (also ab dem 21km Wegstrecke zur Arbeit) wurde für 2021 zunächst auf 35 Cent und ab 2022 auf 38 Cent (befristet bis 2026) erhöht, während es für die ersten 20km weiterhin nur 30 Cent sind. Eine Erhöhung für Kurzstreckenpendler würde sich aber in vielen Fällen auch gar nicht steuerlich auswirken, da der Arbeitnehmerpauschbetrag in der Summe gar nicht überschritten werden würde. Daher der Weg über die Direktauszahlung für die ersten 20km. Die rund 300 Euro sind in der Nähe dessen angesiedelt, was die Erhöhung um 8 Cent für 20km an 220 Arbeitstagen ungefähr ausmacht. Die Voraussetzung für den Erhalt der Pauschale ist daher, erwerbstätig zu sein. Rentner und Studenten sind bspw. raus. Die soziale Komponente kommt durch die Versteuerung. Wer ein hohes zu versteuerndes Einkommen hat, bekommt entsprechend weniger Netto von der Pauschale. (Nebenbei: Die Erhöhung der Entfernungspauschale wirkt genau andersrum: Je mehr Einkommen, desto mehr steuerliche Entlastung)

    auch wenn vieles nicht mehr mit der EPP zu tun hat:
    Tarifliche Corona-Prämien sind pfändbar – jedenfalls wenn die Auszahlung unabhängig von der tatsächlichen Belastung durch die Corona-Pandemie erfolgt. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg entschieden (Urt. v. 23.02.2022 Az. 23 Sa 1254/21). - Revision ist zugelassen -

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • wow, was für "Rückmeldungen" des hohen Hauses.
    Sollten die Arbeitgeber es "richtig ?" im eröffneten Verfahren machen, landet die EPP (netto) beim Insolvenzverwalter, ansonsten auf dem Konto des Schuldners. Gibt es schon eine Quellenfreigabe, hat der Verwalter ein Prob mit dem Arbeitgeber (oder auch nicht ...). Gibt es keine Quellenfreigabe, dürften "Freigabeanträge" kommen.
    Nach meinem Dafürhalten gibt es für die Insolvenzrechtlicher folgende Einflugschneisen:
    1) Freigabeantrag P-Konto: hier müsste Farbe bekannt werden
    2) Arbeitgeber hat - Quellenfreigabe unterstellt - ausgezahlt: Aufsichtsfrage des Insolvenzgerichts, ob Masse verwertet.

    Überweist der Arbeitgeber hingegen den Nettobetrag der EPP an den Verwalter, wäre ein Streit hierüber nicht beim Insolvenzgericht zu führen (außer: man würde sich zu einer Klarstellungsentscheidung durchringen - ja ich weiß, dünnes Eis - diese würde in Stundungsfällen aber lediglich zu einer bereicherungsrechtlichen Forderung des Schuldners führen)
    So jedenfalls mein bisheriger Blick auf die EPP. Ich hoffe, wir kriegen das bei unserem Gericht hin, uns kurzfristig in irgendeine Richtung exponieren zu können. Schade, dass die Regierung hier die Arbeitgeber (ups, und das von mir) so völlig im Regen stehen zu lassen. Eine entsprechede Anfrage an eine veritable Bundespartei zu diesem Thema bleib - wie auch anders - bis heute unbeantwortet. Oki, Parteien sind "Vereine", und etwas frei nach Groucho Marx: einem Verein, der mich aufnehmen würde,könnte ich bereits aus dieem Grund nicht beitreten :D

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • was auch eine möglichkeit wäre: der IV beantragt die Abänderung der Quellenfreigabe auf dem P-Konto dahingehend, dass der Freibetrag um das Guthaben aus der Energiepauschale einmalig herabgesetzt wird...

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • was ist denn mit der steuerlichen Seite? Die Energiepreispauschale muss doch versteuert werden. Arbeitgeber zahlt 300,00 €. Der Insolvenzverwalter greift zu und sackt die 300,00 € ein. Bei der Einkommensteuererklärung muss der Betrag von 300,00 € angegeben werden. Zahlt der Schuldner dann drauf?

    »Die zehn Gebote sind deswegen so kurz und logisch, weil sie ohne Mitwirkung von Juristen zustandegekommen sind.«
    Charles de Gaulle (1890 − 1970)

  • Die ZInsO habe ich lustigerweise gerade auf dem Tisch. Ergebnis ist wohl Pfändbarkeit wie hier auch schon herausgearbeitet. Ich bin nach wie vor hin- und hergerissen. Problematisch bei uns wären vor allem die vielen Kontofreigabebeschlüsse, da wir in aller Regel umfassend freigeben. Streng genommen zwar nur das Arbeitseinkommen, aber das ist für die Bank ja nicht unterscheidbar. Wobei generelle Pfändbarkeit ja dazu führen müsste, dass die EPP vom Arbeitgeber direkt an den IV/TH abgeführt wird. Dann sind die Kontofreigaben egal. Es bleibt spannend...

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • was ist denn mit der steuerlichen Seite? Die Energiepreispauschale muss doch versteuert werden. Arbeitgeber zahlt 300,00 €. Der Insolvenzverwalter greift zu und sackt die 300,00 € ein. Bei der Einkommensteuererklärung muss der Betrag von 300,00 € angegeben werden. Zahlt der Schuldner dann drauf?

    Der AG zahlt die EPP nicht netto aus. Die vom Arbeitgeber ausgezahlte EPP unterliegt als „sonstiger Bezug“ dem Lohnsteuerabzug.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

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