familiengerichtliche Genehmigung trotz zu geringem Kaufpreis?

  • Hallo,

    in meiner Familiensache hat eine Mutter in Erbengemeinschaft einen Kaufvertrag abgeschlossen zu einem Kaufpreis von 150.000,00€ mit einem Dritten. Dies ist bereits im August 2023 erfolgt. Auch im August hat meine Kollegin ein Gutachten eines vereidigten Sachverständigen erfordert. Nun endlich wird dieses vorgelegt und... es wurde ein Verkehrswert von 221.000,00€ ermittelt... Die Mutter schreibt mir dazu, dass sie trotz allem darum bittet, den Kaufvertrag aus August zu genehmigen, weil sie den Erwerber bereits reingelassen hat. Dieser hat schon schön investiert und sie jetzt Panik.... außerdem ist "XY nicht von Armut oder Verlust des Obdachs betroffen, wenn der Verkauf so stattfinden kann." Allerdings würde sie das in eine Schieflage bringen. Ich kann das doch nicht genehmigen? Das Kind ist 13 Jahre, würde ihn zwar anhören, er kann das doch aber noch überhaupt nicht blicken. Was würdet ihr tun?

    Liebe Grüße

    die Franzi

    edit by Kai - Klarnamen entfernt

  • Ist das Gutachten vor oder nach den Investitionen des Erwerbers erstellt worden?


    Falls es auf dem Stand "vor Investition" sein sollte, müßte die Mutter m.E. schon nachweisen, dass der ermittelte Verkehrswert am Markt derzeit tatsächlich nicht erzielt werden kann (erfolglose Verkaufbemühungen wegen derzeit schwieriger Marktlage, Absagen für höhere Kaufpreise etc). Ansonsten hat der Erwerber halt Pech, wenn er ohne wirksamen Kaufvertrag investiert. Mögen sich die Beteiligten hinterher darüber streiten, ob und wenn ja wieviel er nochmal zurück bekommt.

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  • Erwerber doof, schwebend unwirksamen Kaufvertrag (so meine Erinnerung) und Belehrungen des Notars ignoriert (wobei ich auch schon gehört habe, dass deren Belehrungen "ist reine Formsache" waren).

    Mutter doof, Erwerber reingelassen bevor der Kaufvertrag wirksam war (nicht, dass es da genügend Berichte in den Medien gab...).

    Warum soll jetzt das Gericht plötzlich der Doofe sein?

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    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Nachtrag als Antwort zur Frage in #1: Zurückweisen. Soll im Beschwerdeweg vorgetragen werden, warum ein "Verlust" von nahezu einem Drittel angemessen sein soll.

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  • Ist das Gutachten vor oder nach den Investitionen des Erwerbers erstellt worden?

    Die Frage ist interessant.

    Ansonsten ist es aber einfach so, dass sich anhand eines konkreten Kaufvertrags entscheidet, ob eine Genehmigung erteilt wird oder nicht. Man hätte dem Gericht vielleicht vorab einen Entwurf übersenden und um Mitteilung bitten können, ob dort derzeit Bedenken gegen den Entwurf bestehen. Damit ist natürlich auch noch lange nicht gesagt, dass später tatsächlich eine Genehmigung erteilt würde, jedoch wäre die Sache mit dem ggf. zu geringen Kaufpreis sicher aufgefallen.

    Dass die KM und der Erwerber wohl einen Schaden davontragen würden, ändert nichts an deinen Prüfkriterien. Passt der Kaufpreis nicht, wirst du wohl zurückweisen und die KM kann sich überlegen, ob sie sich beschweren möchte.

  • Vor einer Zurückweisung sollte m.E. auf jeden Fall das Kind angehört werden. Ansonsten wäre es gut möglich, dass das Beschwerdegericht schon allein aus diesem Grund die Sache wieder zurückgibt.

    Und gibt es einen Verfahrenspfleger für das Kind?
    Wenn ja, wäre es interessant, auch dessen Sichtweise zu kennen.
    Wenn nein, sollte man - gerade in so einem brisanten Fall - vielleicht überlegen, einen zu bestellen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Und gibt es einen Verfahrenspfleger für das Kind?
    Wenn ja, wäre es interessant, auch dessen Sichtweise zu kennen.
    Wenn nein, sollte man - gerade in so einem brisanten Fall - vielleicht überlegen, einen zu bestellen.

    Verfahrensbeistand wenn schon ;)

    Und den darf man eigentlich nur für Sachen, die die Person des Kindes betreffen, bestellen.

  • Wirklich der Verfahrensbeistand?

    Schau mal in die Diskussionsgrundlagen des Forums hier, Stichwort Ergänzungspfleger und Verfahrenspfleger:

    rainer19652003
    19. September 2008 um 11:45
    Ulf
    13. Oktober 2009 um 14:26
    Andy.K
    6. März 2014 um 09:46
  • Sersch

    Mit der Einführung des FamFG wurde die Möglichkeit der Bestellung eines Verfahrenspflegers für Genehmigungsverfahren abgeschafft.

    Grundsätzlich kann auch kein Verfahrensbeistand bestellt werden, da dieser lediglich für Verfahren in Betracht kommt, die die Person des Kindes betreffen. Eine analoge Anwendung auf die Vermögenssorge betreffende Genehmigungsverfahren ist strittig, siehe z. B. BeckOGK/Eitzinger, 1.1.2024, BGB § 1644 Rn. 48 f.

    Für die Bestellung eines Ergänzungspflegers fehlt es in diesem Fall an einem gesetzlichen Vertretungsausschluss oder einer Entziehung der elterlichen Sorge für diesen Teilbereich, vgl. BGH, Beschluss vom 3.4.2019 – XII ZB 359/17.

  • ...

    einer Entziehung der elterlichen Sorge für diesen Teilbereich, vgl. BGH, Beschluss vom 3.4.2019 – XII ZB 359/17.

    Bring mich nicht auf Ideen... :D

    Man könnte überlegen, die elterliche Sorge teilweise zu entziehen, wenn das Vermögen des Kindes nahezu verschleudert (ermittelter Wert 50% höher als der Verkaufspreis) wird.

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  • Also, mein Gedanke war, dass hier zumindest Anhaltspunkte vorhanden sind, dass die Interessen von Mutter und Kind im Genehmigungsverfahren kollidieren könnten. Daher sollte man meiner Ansicht nach darüber nachdenken, der Mutter für das Genehmigungsverfahren vor dem Familiengericht die elterliche Sorge zu entziehen , §§ 1629 Abs. 2 S. 3, 1789 Abs. 2 S. 3 u. 4 BGB.

    Dann wäre nach § 1809 BGB ein Ergänzungspfleger für die Vertretung der Kindesinteressen innerhalb des Genehmigungsverfahren zu bestellen. (Kurz von mir als "Verfahrenspfleger" betitelt.)

    Siehe dazu auch den oben schon von Sersch verlinkten BGH-Beschluss vom 12.02.2014.

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Dann wäre nach § 1809 BGB ein Ergänzungspfleger für die Vertretung der Kindesinteressen innerhalb des Genehmigungsverfahren zu bestellen. (Kurz von mir als "Verfahrenspfleger" betitelt.)

    Ich frage mich hier allerdings, was das nutzen soll. Das Kind ist ja schon in den Brunnen gefallen, der schwebend unwirksame Kaufvertrag liegt zur Genehmigung vor und die Genehmigungserteilung ist fraglich. Welchen weiteren Schaden soll die Kindsmutter derzeit im Genehmigungsverfahren verursachen? Die Entscheidung wird ja nach Kindswohlsgesichtspunkten erteilt und hier ermittelst du ja ohnehin von Amts wegen, ob das Rechtsgeschäft dem Kindswohl entspricht.

    Zur Ergänzungspflegschaft wegen widerstreitender Interessen oder zu § 1666 BGB im Bereich der Vermögenssorge würde ich wohl erst dann kommen, wenn die Genehmigung rechtskräftig versagt wird und die Kindsmutter bei der Rückabwicklung des Verkaufs unkooperativ ist oder sich im Nachgang Ansprüche des Kindes gegen die Mutter ergeben.

  • @ franzi

    Eine Genehmigung kann so nicht erfolgen, hier wird ja quasi Kidnesvermögen verschenkt durch den zu niedrigen Kaufpreis.


    Du sagtest es ist eine Erbengemeinschaft? Dann gehört dem Kind ja nur ein Anteil und damit nur ein Anteil am Kaufpreis.

    Als Lösung im Sinne der Mutter könnte ich mir vorstellen:

    Beispiel:

    Angenommener Kindesanteil 1/4 von 221.000,00 € Verkehrswert= das Kind müsste also 55.250,00 € bekommen.

    Sofern ein Nachtrag gemacht wird und der Anteil des Kindes auf den bei einem angemessenen Verkauf erzielten Preis (55.250,00 € )aufgestockt und bis zur Volljährigkeit hinterlegt wird könnte der Verkauf laufen- denn wenn die Mutter Geld verschenken möchte - nur ihr Anteil zu niedrig ist, ist dies kein Problem.

    Okay- keine Musterlösung, aber wenn die Mutter den verkauf so möchte und bereit dazu wäre, läge keine Beeinträchtigung des Kindesvermögens mehr vor und ich könnte das genehmigen.

    oder ist die Idee zu abwegig?

  • Nochmal:

    Der Kaufpreis liegt weit unter dem Gutachterwert. Aber wir wissen immer noch nicht, ob das Gutachten nach Vornahme von Renovierungen durch den Erwerber erstellt wurde (vor Verkauf gab es ja offenbar keines), und ob ein Verkauf zum Gutachtenwert möglich gewesen wäre. Im Moment ist in einigen Märkten fast völliger Stillstand eingetreten - es gibt keine Käufer, jedenfalls nicht zu den Mondpreisen, die 2020/2021 gezahlt wurden.

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  • Ich gehe von dem Wert VOR Renovierung aus. Sonst wäre die Sachverhaltsdarstellung in #1 völlig verkehrt.

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    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • So wäre auch mein Lösungsvorschlag; habe ich auch schon mal so beurkundet und wurde durch das FamG genehmigt.

  • Zunächst braucht man natürlich belastbare Zahlen, um errechnen zu können, welchen Betrag das Kind von der Mutter zu bekommen hat.

    Ich denke, dass sich das ggf. auch alles ohne einen Nachtrag zum Kaufvertrag regeln lässt, nämlich mittels einer Vereinbarung zwischen der Mutter und dem durch einen zu bestellenden Ergänzungspfleger vertretenen Kind, wobei die Mutter dann einen Teil ihrer Kaufpreisansprüche an das Kind abtritt.

    Selbst wenn man es mittels eines Nachtrags zum Kaufvertrag löst, bedarf es gleichwohl der besagten Vereinbarung zwischen Mutter und Kind, sodass auch insoweit ein Ergänzungspfleger mitwirken müsste. Da dies aber alles den Käufer nichts angeht, würde ich eine Regelung außerhalb einer notariellen Nachtragsurkunde bevorzugen.

  • Ich bin auch der Meinung, dass Verfahrenspfleger, Verfahrensbeistand und auch Ergänzungspfleger hier nicht gehen.

    In dem Vertrag ist keine Erbauseinandersetzung beinhaltet, entsprechend kann die Mutter das Kind vertreten und man ansonsten diesen Weg gehen könnte.

    Ich finde aber die Idee, den Anteil des Kindes nach dem tatsächlichen Wert abzusichern, richtig gut. Und das hat jemand schonmal so gemacht?

    Wie würdet ihr das machen? In dem Kaufvertrag oder, wie schon geschrieben, durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen Kind und Mutter? Den dann Notariell und mit E-Pfleger, weil dann doch Erbauseinandersetzung?

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