Die Betreuungsrechtsreform 2023 bringt keine generelle Vergütungsanhebung, was von vielen Berufsbetreuern zu Recht beklagt wird. Dennoch sind einige Verbesserungen dabei, die nachstehend zusammengefasst werden:
a) Vergütung für „scheinehrenamtliche“ Betreuungen.
Neue Betreuer, die in der Umstellungsphase sind, die also, weil das Gericht zunächst einige Betreuungen ehrenamtlich erwartet, noch ehrenamtliche Betreuungen führen, haben für diese Betreuungen ab 1.1.2023 einen Vergütungsanspruch nach dem neuen § 7 VBVG (iVm § 19 Abs. 2 und § 32 Abs. 1 BtOG; Voraussetzung ist, sie führen beim Jahresübergang 2022/2023 bereits mindestens eine der Betreuungen mit der Bezeichnung „als Berufsbetreuer“ (§ 286 Abs. 1 Nr. 4 FamFG). Es ist also wichtig für Betreuer, im Vorfeld darauf hinzuwirken, dass man zumindest eine solche Betreuung noch vor dem Jahreswechsel erhält. Maßgebliches Datum ist die Bekanntgabe nach § 287 Abs. 1 oder 2 FamFG. Vormundschaften und Pflegschaften zählen dabei nicht mit.
b) Höhere Tabellenstufe für bisherige Berufsbetreuer
Ein Teil der bisherigen Berufsbetreuer erhält nicht die Tabelle C, obwohl ein Studium erfolgreich abgeschlossen ist. Und zwar deswegen, weil nach der bisherigen Rechtsprechung die betreuungsrechtliche Fachkenntnis DURCH das Studium vermittelt werden musste (und nicht später durch Berufserfahrung und Fortbildungen). Diese Koppelung entfällt. Ab 2023 reicht ein beliebiger Studienabschluss. Das gleiche gilt für Tabelle B, wenn ein Berufsabschluss im obigen Sinne nicht als betreuungsrelevant angesehen wurde. Oder eben nur für bestimmte Betreuungen angewendet wurde, wie Stufe B bei Krankenpflegern nur dort, wo auch die Gesundheitssorge dabei war.
Ab 2023 erhalten all diese Betreuer für all ihre Betreuungen die höhere Tabellenstufe (nach dem neuen § 8 Abs. 2 VBVG). Der Zeitraum beginn für über 3jährige Bestandsbetreuer jeweils mit Beginn des Abrechnungsmonats, der nach dem 31.12.2022 beginnt (heißt in der Praxis, irgendwann zwischen dem 1. und 31.1.2023, § 18 VBVG).
Diese Regelung gilt für unter 3jährige Bestandsbetreuer (§ 32 Abs. 2 BtOG) erst ab dem Zeitpunkt, in welchem sie die Sachkunde (nach der Registrierverordnung) gegenüber der Betreuungsbehörde nachgewiesen haben (§ 19 Abs. 1 VBVG). Zwar wird der Endzeitpunkt für den SK-Nachweis nach der "Reparaturnovelle" auf den 30.6.2025 verlängert, aus Vergütungsgründen kann es aber eben sehr sinnvoll sein, diesen Nachweis zeitnah zu beschaffen. Es sollte jetzt schon (für die Registrierung, aber auch die Vergütungshöhe) alles an Nachweisen zusammengestellt werden – und notfalls Ersatzbescheinigungen besorgt werden. Solche Bestandsbetreuer sollten sich die Einreichung der Nachweise von der Betr.behörde für das Gericht bestätigen lassen.
C) Verbindliche Vergütungsstufe
Für alle, die unsicher sind, was die Vergütungsstufe betrifft, wird es ab 1.1.23 die Möglichkeit zu einer verbindlichen Einstufungsentscheidung geben, die dann für alle geführten Betreuungen gilt (§ 8 Abs. 3 VBVG). Zuständig dafür ist der Amtsgerichtsvorstand; die Länder können dazu noch abweichende Zuständigkeiten schaffen.
D) Dauerauszahlung der Vergütung quartalsweise
Die Betreuervergütung soll künftig auf einmaligen Antrag hin jeweils alle 3 Monate automatisch ausgezahlt werden (§ 15 Abs. 2 VBVG); damit soll die bisher zT langwierige Bearbeitungszeit ein Ende finden. Es wird allerdings einige Fälle geben, die dafür nicht geeignet sind, insbesondere solche, bei denen der Status Vermögend/Mittellos unklar ist oder des Öfteren wechselt.
E) Vereinfachung beim Wechsel ins Heim und zurück
Bei einem Aufenthaltswechsel in ein Heim (oder eine gleichgestellte ambulante Einrichtung) und zurück in die eigene Wohnung wird künftig nicht mehr tageweise gequotelt; es gilt (wie auch bisher schon bei der Tabelle für Mittellose bzw. Vermögende) der Stand am Ende des jeweiligen Abrechnungsmonats (§ 9 Abs. 4 VBVG).
F) Vereinfachung bei Mittellosigkeit
Für die Frage, ob die Staatskasse für die Vergütung aufkommen muss, zählt ab 1.1.2023 das Einkommen des Betreuten nicht mehr, sondern ausschließlich das Vermögen (verfügbares Vermögen im Sinne des Sozialhilferechtes, § 1880 BGB iVm § 90 SGB XII). Es bleibt beim Freibetrag von 5.000 €, aber es muss nicht mehr berechnet werden, ob aus monatlichem Einkommen oder aus Unterhaltszahlungen Betreuervergütungen gezahlt werden können. Auseinandersetzungen mit Angehörigen des Betreuten werden dadurch auch vermieden.
Regressbeschlüsse nach dem bisherigen § 1836e BGB aus Einkommen aus der Zeit vor dem 1.1.23 bleiben in Kraft; danach können nur noch solche aus Vermögen ergehen. Rechtskräftige Regressbeschlüsse aus Einkommen sind aber nach § 48 Abs. 1 FamFG neu aufzunehmen und abzuändern.
G) Aufwandspauschale für Ehrenamtler.
Sie steigt für Aufwandspauschalen, die ab dem 1.1.23 fällig werden, auf 425 €. Die Beantragung ist nur noch einmal nötig; danach gilt der Jahresbericht als Antragstellung. Bei Beendigung der Betreuung ist die Aufwandspauschale nicht mehr nach Tagen auszurechnen, sondern nach Abrechnungsmonaten. Die Steuerfreiheit der Aufwandspauschale ist bereits auf 3.000 € jährlich angehoben; auch ist die Anrechnung auf ALG 2 und Sozialhilfeleistungen des Betreuers auf eine jährliche (statt bisher mtl) Basis umgestellt.
Horst Deinert, https://www.lexikon-betreuungsrecht.de/Hauptseite