Nach fehlerhafter Zwangsversteigerung: Brandenburger Familie muss Haus in Rangsdorf abreißen lassen
Das Oberlandesgericht hat entschieden: Die Familie muss das Grundstück räumen und eine Entschädigung an den Eigentümer zahlen.
Das Oberlandesgericht hat entschieden: Die Familie muss das Grundstück räumen und eine Entschädigung an den Eigentümer zahlen.
Ja, ganz üble Geschichte.
(Ich sage ganz privat aber auch, daß ich das Verhalten des Schweizer Amis nicht nachvollziehen kann. und mißbillige)
Ich bin wirklich gespannt in welcher Höhe die Familie abgefunden wird. Wert damals bei Ersteigerung oder heute? Der Immobilienmarkt hat sich ja seit dem drastisch verändert. Mir tut die Familie echt leid.
Welchen Fehler hat denn der zuständige Kollege begangen? Hat jemand genauere Informationen?
Wenn ich es richtig im Kopf habe, gab es Anhaltspunkte für die Adresse des Erben in der Akte und es wurde trotzdem ein Zustellungsvertreter bestellt.
ZitatBereits am 26. November 2008 war bei dem Amtsgericht Luckenwalde die Einheitswert-Bescheinigung des Finanzamtes Luckenwalde vom 25. November 2008 eingegangen, wonach das Grundstück dem Schuldner zugerechnet wurde und in der die Adresse in „L.Pl., M. 20646; 09330 F. C. (USA)“ ausdrücklich angegeben wurde. Über diese Adresse war der Schuldner unstreitig erreichbar. Es ist unverständlich, dass das Amtsgericht diese Unterlage, ...
Die eigentliche Gemeinheit liegt darin, dass der Landrichter am Beschwerdegericht den Sachvortrag des Beschwerdeführers als zutreffend oder "unstreitig" vorausgesetzt hat, weil die Angaben in der Beschwerdebegründung von niemandem bestritten wurden.
Allerdings ist das Zuschlagsbeschwerdeverfahren nicht kontradiktorisch ausgestaltet, weshalb sich die Frage stellt, wer die Angaben des Beschwerdeführers eigentlich hätte bestreiten sollen. Klar - die Ersteherin hätte die Möglichkeit gehabt. Die war aber völlig arglos, weil sie nicht damit gerechnet hat und auch nicht damit rechnen musste, dass das Landgericht den Zuschlag Jahre nach Erteilung wieder aufheben würde.
Die Arglosigkeit der Ersteherin hätte das Beschwerdegericht durch einen Hinweis (... das Gericht weist darauf hin, dass die Beschwerde nach dem bisherigen Sachvortrag des Beschwerdeführers begründet sein dürfte ...) beseitigen müssen. Immerhin ging es um nicht weniger als den Entzug des Grundstückseigentums.
Wenigstens die Rechtsbeschwerde hätte er zulassen können ...
Laut der beiden Nachrichtensendern soll sich auch das Brandenburger Oberlandesgericht (5. Senat) mit der Sache beschäftigt und die Ansicht des Landgerichts bestätigt haben. Eine Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.
Welchen Fehler hat denn der zuständige Kollege begangen? Hat jemand genauere Informationen?
Aus lto.de:
edit by Kai: aus urheberrechtlichen Gründen entfernt
Das ist allerdings falsch soweit ich das sehen kann. Der wahre Eigentümer war seit 1993 im Grundbuch eingetragen. Kann man im Urteil des OLG nachlesen.
So ist es.
Es geht also "ausnahmsweise" nicht um die unterbliebene Ermittlung unbekannter Erben seitens des Nachlassgerichts, sondern um die Nichtbeteiligung bekannter Erben durch das Vollstreckungsgericht.
Ich schreibe mir seit Jahren die Finger wund, indem ich immer wieder darauf hinweise, dass unbekannte Beteiligte (oder ihrem Aufenthalt nach nicht bekannte Beteiligte) keine "minderen" Verfahrensrechte als bekannte bzw. erreichbare Beteiligte haben.
An dem vorliegenden tragischen Fall sieht man, was dabei herauskommen kann, wenn man die Beteiligtenrechte nicht penibel beachtet. Wenn ein Abwesenheitspfleger freihändig veräußert hätte, wäre der Erwerb bei Bestand geblieben, selbst wenn die Pflegschaft zu Unrecht angeordnet war. Bei der Aufhebung des Zuschlags fällt dagegen alles wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Nur der Grundschuldgläubiger hat sein Recht natürlich erworben, aber das ist im vorliegenden Fall ja nicht das Problem, weil die "Erwerber" Ihr Darlehen so oder so zurückzahlen müssen.
Dem Beschluss des LG ist zu entnehmen, dass sich die richtige Anschrift des Erben sogar in der Akte befand, aber wohl einfach ignoriert wurde:
ZitatBereits am 26. November 2008 war bei dem Amtsgericht Luckenwalde die Einheitswert-Bescheinigung des Finanzamtes Luckenwalde vom 25. November 2008 eingegangen, wonach das Grundstück dem Schuldner zugerechnet wurde und in der die Adresse in „L.Pl., M. 20646; 09330 F. C. (USA)“ ausdrücklich angegeben wurde. Über diese Adresse war der Schuldner unstreitig erreichbar.
Spannend wird dabei noch die Frage, wieviel der Haftung das Land an den Zustellungsvertreter abwälzen wird, der ja anscheinend auch nie wegen einer Adresse ermittelt hat.
Merke: nach Zuschlag und Eintragung zügig an einen gutgläubigen Dritten veräußern und das Geld verbraten, § 818 BGB.
Zu diesem Fall auch Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 23.03.2018 - 2 BvR 2126/17 -. Fristversäumung durch Anwalt.
Wenn was schief läuft, dann so richtig mit dem vollen Programm.
Dem Beschluss des LG ist zu entnehmen, dass sich die richtige Anschrift des Erben sogar in der Akte befand, aber wohl einfach ignoriert wurde:
ZitatBereits am 26. November 2008 war bei dem Amtsgericht Luckenwalde die Einheitswert-Bescheinigung des Finanzamtes Luckenwalde vom 25. November 2008 eingegangen, wonach das Grundstück dem Schuldner zugerechnet wurde und in der die Adresse in „L.Pl., M. 20646; 09330 F. C. (USA)“ ausdrücklich angegeben wurde. Über diese Adresse war der Schuldner unstreitig erreichbar.
Spannend wird dabei noch die Frage, wieviel der Haftung das Land an den Zustellungsvertreter abwälzen wird, der ja anscheinend auch nie wegen einer Adresse ermittelt hat.
Das wird wohl nicht funktionieren, da der grobe Mangel bereits darin bestand den Zustellungsvertreter überhaupt zu bestellen ohne zumutbare und sich aufdrängende Ermittlungen anzustellen.
Welchen Fehler hat denn der zuständige Kollege begangen? Hat jemand genauere Informationen?
Eigentlich ging der Fall mehrfach durch die Fachliteratur. Kollege Steffen hat den Fall auf meinen
Vorschlag beim 4. Heilbronner-ZVG 2014 zeitnach aufgearbeitet, und seinen Vortrag hier gebracht:Manfred Steffen Der Wegfall des rechtskräftigen Zuschlags wegen unzulässiger Bestellung eines ZustellungsvertretersZugleich Besprechung von LG Potsdam, Beschl. v. 11.3.2014 – 1 T 103/13, ZfIR 2014, 785 – in diesem HeftZfIR 2014, 757 (in: Aufsätze)und mehr dazu, auch hist. zu § 6 ZVG: Schmidberger/Traub, Hat § 6 ZVG eine Zukunft?, ZfIR 2016,339-345
Wenigstens die Rechtsbeschwerde hätte er zulassen können ...
Das ist heute noch ärgerlich!! Auch deshalb habe ich Frau RAinBGH Dr. Genius zum Heilbronner Rechtstag eingeladen, um aus erster Hand den "Weg zum BGH" zu erfahren.
Die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Die Familie hat nun die Zulassung der Revision beim BGH beantragt.
Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!